Das traditionsreiche Filmtheater Streit's muss 2013 ausziehen. Der Mietvertrag wird nicht verlängert. Der Betreiber sucht neue Räume.

Hambuth. Hamburgs berühmtestes Kino am Jungfernstieg steht vor dem Aus. Das Traditions-Filmtheater Streit's wird nach Informationen des Abendblatts am 31. März 2013 schließen. Der Vermieter und der australische Kinobetreiber Greater Union (Cine-Star) konnten sich nicht über eine Verlängerung des Mietvertrags einigen. Am Montagabend bestätigte eine Cine-Star-Sprecherin auf Anfrage, dass das Haus 2013 einer anderen Nutzung zugeführt werden soll. "Wir werden das Kino mit dem bisherigen Engagement bis zum Auslaufen des Mietvertrags weiterbetreiben", betonte sie. Der Vermieter, die Streit's Grundstücksgesellschaft, wollte sich gestern zum Stand der Verhandlungen nicht äußern. Es ist aber ein offenes Geheimnis, dass die Eigner in den vergangenen Jahren die Miete mehrfach gesenkt hatten, um das Kino im gleichnamigen Haus zu halten.

Das Streit's verlängert die Liste der verlöschenden Lichtspielhäuser. Das Savoy am Steindamm, das Grindelkino, das Studio in der Bernstorffstraße, der Ufa-Palast am Gänsemarkt, das Aladin an der Reeperbahn, sie alle verschwanden. Nur das beliebte Passage-Kino in der Mönckebergstraße, das im November 2009 starb, erlebte eine Wiedergeburt. Der schwäbische Investor und Kinofan Heinz Lochmann sanierte das Haus und eröffnete es im Mai 2010 neu. Offenbar mit Erfolg.

Experten halten Hamburg aber für einen schwierigen Kino-Markt. Wie in anderen Städten hatte mit der Erfindung der Multiplex-Kinos eine Welle von Neubauten eingesetzt, die Zahl der Plätze vervielfachte sich in einem langfristig schrumpfenden Markt. 2010 fanden mit 126,6 Millionen rund 14 Prozent weniger Besucher den Weg ins Lichtspielhaus als im Jahr zuvor. 2001 waren knapp 178 Millionen Filmgäste in Deutschland gezählt worden. Das alles ist kein Vergleich zu den filmverrückten 50er-Jahren: 1956 wurden 820 Millionen Eintrittskarten verkauft.

In dieser Hochzeit wurde das Streit's gegründet. 1955 begannen die Umbauarbeiten am Jungfernstieg; die Festräume des Streit's-Hotels, das seit dem Krieg von den britischen Besatzern genutzt worden war, verwandelten sich in einen Kinosaal. Es folgten goldene Jahre im Wirtschaftswunder: Das Streit's war das Premierenkino der Stadt, in dem große Filme zuerst gezeigt wurden und Stars wie Romy Schneider, Barbra Streisand oder Michael Douglas über den roten Teppich flanierten.

25 Jahre später ging das Kino in den Besitz der Filmbetriebe Heinz Riech (Ufa) über. 2002 stand das Kino am Jungfernstieg vor dem Aus. Die Ufa musste Insolvenz anmelden, die Lübecker Kieft-Gruppe stieg ein und besaß mit dem Streit's, dem Ufa am Gänsemarkt und dem Grindelkino fortan drei Häuser in der Hansestadt.

Doch der Hamburger Markt entwickelte sich anders, als die Geschwister Kieft gehofft hatten. Die Firma geriet in Bedrängnis und wurde von dem australischen Unterhaltungskonzern Greater Union gestützt. Seine Cine-Star-Gruppe ist mit 73 Filmtheatern der größte Kinobetreiber in Deutschland.

Es ist nicht nur die Konkurrenz durch moderne Multiplexkinos, die kleinen Häusern mit einem Saal das Überleben schwer macht. Neue Medien wie DVD, Internet und (illegale) Downloads machten den Film allgemein verfügbar und nahmen dem Kino seinen exklusiven Reiz. So hat sich die Zahl der Besucher in der wichtigen Altersgruppe zwischen 20 und 29 binnen zehn Jahren um fast 40 Prozent reduziert. Auch die veränderte Politik der Verleiher setzte offenbar dem Streit's zu. Früher kamen nur wenige Kopien eines neuen Films auf den Markt, sodass am Jungfernstieg viele Filmstarts exklusiv liefen - zuletzt "Schindlers Liste". Inzwischen werben mehrere Kinos beim Filmstart um die Gunst der Cineasten.

Das Streit's, erst kürzlich mit einer digitalen 3-D-Anlage modernisiert, setzt daher seit einiger Zeit mit Erfolg auf englische Originalfassungen. Das Haus gilt nicht nur wegen der Lage und der besonderen Lichtspielhaus-Atmosphäre als Juwel unter den Hamburger Kinos. Auch die Streit's-Bar hebt das Haus stilsicher vom Popcornkino ab.

Zumindest für die Fans von Originalfassungen gibt es Hoffnung. Cine-Star will in Hamburg mit diesem Konzept weiterarbeiten. Mit der Umstellung habe man sich eine treue Anhängerschaft erworben, so der Betreiber. "Wir sind daher mit Hochdruck auf der Suche nach einer neuen Spielstätte, um zum Auslaufen des Mietvertrags 2013 einen nahtlosen Übergang zu schaffen", sagte eine Sprecherin der Cine-Star.