Lag es daran, dass er ursprünglich geplant und erwartet hatte, zusammen (!) mit der SPD zu regieren? Oder dass er den Hebel noch nicht ganz von Regierung auf Opposition umgelegt hat? Dem alten und neuen GAL-Fraktionschef Jens Kerstan fiel es jedenfalls schwer, sich kritisch mit der Regierungserklärung des Bürgermeisters auseinanderzusetzen. Das Leitbild "Modernes Hamburg" könnten die Grünen gut mittragen, das von Scholz geforderte Aus für die Atomkraft natürlich sowieso. Und auch beim Ziel der Haushaltskonsolidierung werde die GAL im Grundsatz an der Seite der SPD stehen. Und konkrete Angriffspunkte habe Scholz halt nicht geliefert, so Kerstan: "Ich hätte mir gewünscht, Sie hätten nicht so lange geredet und inhaltlich mehr gesagt."

Etwas Kritik äußerte Kerstan, wie immer mit grüner Krawatte und staatstragend im Auftritt, dann aber doch, etwa an der Verlagerung des Bereichs Verkehr aus der Stadtentwicklungs- in die Wirtschaftsbehörde. Dabei werde aus dem Blick verloren, dass es nicht nur um Verkehrsachsen, sondern auch um Lebensqualität in der Stadt gehe. Und dass ausgerechnet die SPD die Stadtbahn ausbremse, hätte er "nicht erwartet", sagte Kerstan und prophezeite ohne Ausbau des Nahverkehrs einen "Verkehrskollaps in fünf Jahren".

Hart wie kein Zweiter kommentierte der GAL-Chef das "Trauerspiel" um die Wahl der Bürgerschaftspräsidentin (siehe Seite 11). Da sei die SPD ihrer Verantwortung als Alleinregierungspartei nicht gerecht geworden.