Architekt stiftet Relief zur Erinnerung an historisches Hamburger Original. Skulpturen für Störtebeker und die Zitronenjette stammen von ihm.

Hamburg. "Smuttool! Smuttool!" ("Räucheraal! Räucheraal!"), ruft der Mann mit hellem Zylinder und einem Korb voller geräucherter Aale im Arm. Wie vor rund 200 Jahren zieht ein Marktschreier die Bewohner von St. Georg in seinen Bann. Hanno Gerken vom Hamburger Hummel Club hatte sich in Schale geworfen, um an das Hamburger Original, den Aalweber, zu erinnern, der es mit seinen Verkaufsmethoden für Bürsten, Aal und Störfleisch zu beachtlichem Ruhm gebracht hatte.

Anlass des Spektakels, das die Anwohner staunend verfolgten: Der Hamburger Architekt Dieter Grohs setzte dem Straßenhändler, der von 1790 bis 1854 lebte, ein Denkmal. An der Koppel 2, gleich gegenüber der Kirche, enthüllte Grohs ein koloriertes Stahlrelief. Nun prangt der Aalweber an prominenter Stelle gleich neben dem Eingang der Szene-Kneipe Max & Consorten.

Gefeiert wurde mit Aalhäppchen, diesmal von einer "Zitronenjette" (Edith Wulf vom Hummel Club) verteilt, die Band Little Blackbirds spielte munteren Jazz. "Der Aalweber wusste genau, wie man verkauft. Er kleidete sich auffällig und präsentierte sein Angebot in Form von gereimten Versen", beschreibt Denkmal-Initiator Grohs seine Faszination. In der Tat muss der Aalweber mit beißendem Witz und originellen Sprüchen ein großes Publikum um seine Bude versammelt haben, die er an den Markttagen an der Kirchenallee aufschlug. Ohne den Verzehr von Spickaal und Zwieback war man gar nicht richtig auf dem Markt gewesen, heißt es in Überlieferungen. Grohs: "Seine Verkaufsmethode hatte Unterhaltungswert, so wie es heute noch der Aale-Dieter vom Fischmarkt macht." Dieter Grohs, 78, hat ein Faible für die Originale der Stadt, obwohl er selbst kein geborener Hamburger ist. "Der Liebe wegen" war der Wuppertaler vor mehr als 40 Jahren in den Norden gezogen. Als Architekt im Wohnungs- und Gewerbebau befasste er sich intensiv mit der Geschichte der Stadt. Und dabei machte er Bekanntschaft mit Hans Hummel, Pipenreimer, Valentin, dem Aalweber und vielen anderen.

Grohs war begeistert von den volkstümlichen Figuren, schloss sie in sein rheinländisches Herz und konnte den zurückhaltenden hanseatischen Umgang mit diesen Charakteren einfach nicht nachvollziehen: "Hamburg erinnert nur an den Wasserträger Hans Hummel mit einem Muschelkalkbrunnen am Rademachergang. Dabei ist die Stadt reich an besonderen Typen, die gewürdigt werden könnten."

So machte sich Grohs, Urenkel eines Kölner Dombaumeisters, ans Werk, sammelte Spenden und machte seine Denkmäler der Stadt zum Geschenk: "Nicht die gelackten Saubermänner, sondern die einfachen, fehlerhaften Menschen, die aber auch ihre guten Qualitäten haben", wollte er auf den Sockel heben.

Sein erstes Denkmal, das 1982 im Hafen aufgestellt wurde, erinnert an den berühmt-berüchtigten Freibeuter Störtebeker. Ausgerechnet an den Mann, den die Hamburger am 10. Oktober 1401 wegen seiner Piraterie enthauptet hatten. Doch Grohs, dessen Münchner Freund - der Bildhauer Hansjörg Wagner - die mannshohe Bronze-Skulptur schuf, ist noch heute stolz, dass ihm dies gelungen ist: "Mich hat Störtebekers Verwegenheit immer fasziniert."

Auch die "Zitronenjette" am Fuße des Michel, eine 1986 von Grohs und Wagner initiierte Spende, möchten die Hamburger nicht mehr missen. Sie erinnert an das Schicksal der Johanne Henriette Marie Müller (1841-1916), einer naiven kleinwüchsigen Frau, die sich mit dem Verkauf von Zitronen in den Kneipen über Wasser hielt. Heute ist die Bronze-Jette ein Touristenmagnet. Es heißt, wer ihre Hand berührt, dem bringt es Glück. Offensichtlich gibt sie vielen Besuchern Hoffnung, denn ihre Hand ist von den vielen Berührungen ganz blank gerieben.