Michael Göring, der Leiter der “Zeit“-Stiftung, schreibt über seine Sorgen um die Zukunft des Hochschulstandorts Hamburg

Das Thema Wissenschaft spielt im Hamburger Wahlkampf eine erstaunlich geringe Rolle. Als sei alles getan, damit hier zukünftig sorgenfrei und zukunftsorientiert in höchster Qualität geforscht und wissenschaftlich gearbeitet werden kann. Man sollte der Ruhe misstrauen. Noch hat Olaf Scholz die Studiengebühren von 375 Euro im Semester nicht zum Abschuss freigegeben, die mit mehr als 25 Millionen Euro im Jahr zum Haushalt der Universität beitragen. Kann er auch nach der Wahl an dieser Linie festhalten? Der Neubau der HafenCity-Universität steht auf seiner Sparliste, als könne die internationale "Hochschule für Baukunst und Metropolenentwicklung" in einem Neue-Heimat-Zweckbau arbeiten und ausstrahlen.

Erschreckend ist vor allem die Ankündigung, dass die 2009 errichtete Wissenschaftsstiftung Hamburg, eine Stiftung öffentlichen Rechts, wieder aufgelöst werden soll. Sie wurde gegründet, um die besten Forschungsvorhaben aller Hamburger Hochschulen unbürokratisch und schnell zu fördern und besondere Leistungsanreize zu schaffen. Denn nur, wenn es Investitionsmittel für außergewöhnliche Vorhaben gibt und Entscheidungen für neue wissenschaftliche Vorhaben getroffen werden können, ist Forschung auf hohem Niveau möglich. 15 Millionen Euro pro Jahr ab 2011 sollten für diese außergewöhnliche, aber notwendige Forschungsförderung in Hamburg fließen, erbracht aus Reallasten an Grundstücken. 2009 erhielt die Stiftung zwei Millionen, 2010 zehn Millionen Euro. Und das soll es nun gewesen sein?

Entscheidet der neue Senat tatsächlich so, begeht er gleich zwei Fehler. Erstens nimmt er den Hochschulen in Hamburg eine einzigartige Chance, sich über den Wettbewerb um diese Exzellenzmittel zu profilieren. Ein dringend benötigtes Signal zum Aufbruch in der Wissenschaft würde leichtfertig einkassiert. Die Wissenschaftsstiftung, die alsbald Ernst-Cassirer-Stiftung heißen sollte, war zudem als Sammelbecken für Zustiftungen und Spenden Dritter gedacht. Hat man in sie kein Vertrauen mehr? Der Senat zeigt Kleinmut, gibt er dieses allein wissenschaftlichen Kriterien verpflichtete Steuerungsinstrument der Forschungsförderung gleich wieder auf.

Zweitens würde der Senat der renommierten Institution Stiftung einen schweren Schlag versetzen. Erinnert sei an die 1907 privat (!) gegründete Hamburgische Wissenschaftliche Stiftung, die den Grundstein zur Universität Hamburg legte. Mit dem Begriff der Stiftung werden zu Recht Seriosität, Langlebigkeit und Nachhaltigkeit verbunden. Das muss gerade in der Stiftungshauptstadt Hamburg auch für die von der öffentlichen Hand errichteten Stiftungen gelten.

Vor der drohenden Auflösung der Wissenschaftsstiftung nach nur zwei Jahren kann man die Politik im Interesse der vielen privat errichteten, nachhaltig tätigen Stiftungen in Hamburg nur warnen: Stiftungen sind keine Ex-und-hopp-Einrichtungen.

Michael Göring leitet die "Zeit"-Stiftung Ebelin und Gerd Bucerius, die mit der Bucerius Law School eine eigene private Hochschule unterhält.