Außenminister sprach über Nahost und sein Verhältnis zum Beruf

Rotherbaum. Der Saal war nicht der größte, und er wurde nicht voll. Der Minister betrat den Raum, und der Applaus dauerte knapp fünf Sekunden. Es war ein hanseatisch-nüchterner Empfang, der Guido Westerwelle im Hamburger Grand-Elysée-Hotel bereitet wurde. Westerwelle war zur Interviewrunde mit dem Publizisten Rafael Seligmann gekommen. "Quo vadis FDP" sollte das Thema heißen.

Doch auf das Podium trat zunächst nicht der Vorsitzende der liberalen Partei, sondern der deutsche Außenminister, der von den Sorgen der Bundesregierung angesichts der Unruhen in Ägypten berichtete. Kühl und gestanzt wirkten Westerwelles Aussagen zum Nahen Osten zunächst.

Erst als ihn Seligmann auf die Menschenrechte in Ägypten und anderen Regionen der Welt ansprach, nahm Westerwelle langsam die Raumtemperatur an: Man müsse doch auch realistisch in der Außenpolitik sein. "Wenn wir nur noch mit denen reden, die unsere Werte leben, dann ist die Zahl unserer Gesprächspartner aber sehr eingeschränkt." Deutschland befinde sich in einer vernetzten Welt, "muss ich das denn noch sagen in einer so vom Handel lebenden Stadt wie Hamburg?"

Westerwelle verteidigte die Entscheidung der Regierung, erst frühestens Ende des Jahres mit dem Abzug aus Afghanistan zu beginnen. An einen Sieg glaubt er indes nicht mehr: "Militärisch können wir sicher nicht zum Erfolg kommen. Aber wenn wir uns realistische Ziele setzen, ist es möglich, das Land dauerhaft zu stabilisieren."

Westerwelle verriet zudem erste Eckpunkte des geplanten Strategiepapiers für die FDP. So soll es sich an Wirtschaftswachstum, Freiheitsrechten und Bildung orientieren.

Selbstbewusst und aufgeräumt wirkte der sonst oft so unterkühlt wirkende FDP-Politiker, als er von Seligmann auf seine Beziehung zur Politik angesprochen wurde. "Ich brenne einfach für die Politik", erklärte Westerwelle. Dabei müsse man auch den Mut zu unpopulären Entscheidungen haben, ohne dauernd auf die Umfragen zu schauen. Es klang glaubhaft, die Klatschintervalle im Publikum nahmen hörbar zu. Nein, politische Fehler wolle er hier keine nennen, gab er offen zu, "ich bin ja hier nicht im Beichtstuhl". Und was sei mit der Kritik seines Parteifreundes Wolfgang Kubicki, der ihn als "abgekapselt" bezeichnet hatte? "Ach wissen Sie, das ist vom Wolfgang ja fast schon altersmilde, da musste ich mir schon Schlimmeres von ihm anhören", sagte Westerwelle. Da konnte sich selbst der Spitzendiplomat ein Grinsen nicht verkneifen.