Gehörlose Mutter möchte ihren Sohn wiederhaben. Gericht rät ihr, die Beschwerde zurückzuziehen

Hamburg. Sie hatten sich mit Transparenten vor dem Oberlandesgericht postiert, um Annette Sch. in ihrem Kampf um das Sorgerecht für ihren Sohn Antonio zu unterstützen. In Saal 126 wurde der Fall der gehörlosen Mutter in nicht öffentlicher Sitzung verhandelt. "Es gab gestern keinen Beschluss", sagte ihr Rechtsanwalt, David Schneider-Addae-Mensah. Auch darüber, ob die Schwester von Sch. den heute Siebenjährigen bei sich aufnehmen kann, entschied das Gericht gestern nicht.

Der Fall reicht bis ins Jahr 2008 zurück. Damals hatte das Jugendamt Wandsbek der Alleinerziehenden das Kind weggenommen. "Ohne schlüssige Begründung", sagt Annette Sch. (das Abendblatt berichtete). Das Bezirksamt, das sich aus Datenschutzgründen nicht äußeren darf, spricht von Kindeswohlgefährdung und beruft sich auf Gutachten sowie Berichte von Betreuerinnen. Das Amtsgericht Barmbek folgte der Argumentation, auf Grundlage derselben Aktenlage lehnte das Oberlandesgericht einen Eilantrag ab, das Sorgerecht der Mutter zurückzugeben.

Die Familie und der Anwalt halten die Gutachten für dilettantisch und werfen dem Bezirk vor, eine "gehörlose, farbige, alleinerziehende Mutter zu diskriminieren".

Antonio, der lange bei einer Pflegefamilie lebte und verhaltensauffällig ist, wurde inzwischen in einer Einrichtung außerhalb Hamburgs untergebracht. Das Gericht habe seiner Mandantin gestern nahegelegt, ihre Beschwerde zurückzuziehen, so Schneider-Addae-Mensah. Das müsse nun überlegt werden. Gerichtssprecher Janko Büßer betonte: "Es ist Aufgabe des Gerichts, eine vorrangig am Kindeswohl orientierte Entscheidung zu treffen."