Die Bilanz des Jahres: Warum Andreas Dressel (SPD) fleißig, Dieter Dreyer (CDU) redefaul und Carola Thimm (SPD) seltener da ist.

Hamburg. Am Ende des Jahres wird Bilanz gezogen, zum Ende der Legislatur abgerechnet. Anfangen sollte man dabei mit SPD-Mann Andreas Dressel, nicht aus Gründen der Kritik, sondern da sich bei ihm folgendes Rechenbeispiel anbietet: 527 Kleine Anfragen hat der Innenexperte seit Beginn dieser Legislatur im März 2008 gestellt, mehr als alle seiner Kollegen, und damit im Schnitt über fast drei Jahre jeden zweiten Tag eine.

Damit ist der Politiker aus dem Alstertal der mit Abstand emsigste Parlamentarier gewesen, macht man dies an formalen Kriterien wie Anzahl von Anfragen, Reden und Anwesenheit bei Bürgerschaftssitzungen fest. Auch bei den Rednern in der Bürgerschaft gehört er zu den zehn aktivsten, und von den 65 Sitzungen hat er keine verpasst.

Seinen Anfragen-Eifer begründet Dressel so: "Dieser Senat hat zu vielen kritischen Nachfragen Anlass gegeben, und ich habe die politische Kontrolle sehr ernst genommen." Was nicht heißt, dass Dressel permanent am Schreibtisch sitzt - der Sozialdemokrat, der als möglicher künftiger Innensenator oder Fraktionsvorsitzender gehandelt wird, ist viel in seinem Wahlkreis unterwegs. Über die Anfragen habe er aber zum Beispiel die Schwachstellen der Personalsituation bei der Polizei und die mangelnde Vorbereitung auf den Sicherungsverwahrten Hans Peter W. offengelegt, so Dressel.

Kleine und Große Anfragen, sie sind das Kontrollinstrument der Abgeordneten - das konsequenterweise hauptsächlich die Opposition gebraucht. Bemerkenswert ist jedoch, dass die zehn häufigsten Anfragensteller aus der SPD kommen, so Thomas Böwer mit 483, Ties Rabe mit 448 und Ole Thorben Buschhüter mit 371. Auch bei den Großen Anfragen liegen drei Sozialdemokraten vorne, Britta Ernst (52 Stück), Ksenija Bekeris (51) und Dirk Kienscherf (42). Auf sie folgen Mitglieder der Linken wie Dora Heyenn, Joachim Bischoff und Elisabeth Baum mit je 41 Großen Anfragen.

Während jeder Abgeordnete anfragen kann, so viel er will, ist die Redezeit in der Bürgerschaft für jede Fraktion begrenzt. So lässt sich erklären, weshalb in dieser Rangfolge die Politiker der beiden kleineren Fraktionen der Linken und der GAL vorne liegen (siehe Grafik): Bei weniger Abgeordneten und gleicher Redezeit kommen öfter dieselben Personen zum Zuge. Bei CDU-Mann Egbert von Frankenberg, den SPDlern Peter Tschentscher und Dressel ist die große Zahl an Reden durchaus ihrer Betriebsamkeit zuzuschreiben.

Wenig eifrig, so könnte man unterstellen, sind Abgeordnete, die in der ganzen Legislatur weder eine Anfrage gestellt noch eine Rede gehalten haben. Wie Dieter Dreyer von der CDU. Der Haushaltspolitiker aus Harburg sagt, das liege in der Natur seiner Ausschüsse: Über Themen des Eingaben- oder des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses HSH werde in der Bürgerschaft in der Regel nicht gesprochen. Allerdings gilt, wer reden will, der kann sich zu jedem Thema zu Wort melden. Auch die ebenfalls eher inaktiven Christdemokraten Hartmut Engels, Rolf Harlinghausen, Claudia Folkers und Eckard Graage, wobei die beiden Letzteren weniger Zeit hatten, da sie erst in diesem Jahr nachgerückt sind.

Noch eines zu Dieter Dreyer: Er fehlte nie bei einer Bürgerschaftssitzung, so wie insgesamt 24 der 121 Abgeordneten. Im Schnitt fehlten 5,75 Abgeordnete pro Sitzung, wie das Internetportal abgeordnetenwatch.de ermittelt hat. Hohe Fehlzeiten von zehn und 20 Sitzungen haben fünf Abgeordnete. Dazu gehört der fraktionslose Bülent Ciftlik mit 19 Fehlterminen, an denen er allerdings wohl meist mit seiner Verurteilung wegen Anstiftung zur Scheinehe und dem Ausschluss aus der SPD beschäftigt war. Carola Thimm (SPD) hat eine schönere Begründung für ihre 18 Fehltermine: Sie bekam ein Kind. Elisabeth Baum (Linke, 16 Sitzungen gefehlt) hatte gesundheitliche Probleme, Rolf Harlinghausen (CDU, elfmal gefehlt) musste oft in den Regionenausschuss, und der Lehrer Ties Rabe (SPD, zehnmal gefehlt) auf Elternabende.

Im Internet sind die Hamburger Abgeordneten übrigens ganz klar Fleißarbeiter. Sie beantworteten mehr als 80 Prozent der auf abgeordnetenwatch von Bürgern gestellten Fragen. Die höchste Quote aller sechs dort vertretenen Parlamente, inklusive des Bundestags.