Ausgaben sollen um 57,7 Millionen Euro sinken

Hamburg. Die Sozialbehörde will in den kommenden zwei Jahren bei den Hilfen zur Erziehung kräftig sparen. Nach dem Haushaltsplanentwurf 2011/2012 sollen die Ausgaben um knapp 60 Millionen Euro von 230 Millionen Euro in diesem Jahr auf 172,3 Millionen Euro 2012 sinken - obwohl die Zahlen kontinuierlich steigen. Aktuell werden 9900 Fälle betreut. Hinter der Sparvorgabe steckt ein Systemwechsel. Schon im nächsten Jahr sollen die Einzelhilfen für Familien, etwa die stundenweise Betreuung durch Familienhelferinnen, zurückgefahren werden. "Wir wollen, dass die Betroffenen die Mutter-Kind-Angebote im Stadtteil stärker wahrnehmen und so aus der Isolation rauskommen. Das ist sowohl wirksamer als auch günstiger", sagte Sozialsenator Dietrich Wersich (CDU) gestern. Für den Ausbau dieser sogenannten sozialräumlichen Angebote stehen künftig 16 Millionen Euro im Jahr zur Verfügung. Das sind zehn Millionen Euro mehr als bislang.

Nach dem tragischen Hungertod der kleinen Jessica aus Jenfeld 2005 sind die Ausgaben in der Erziehungshilfe um 64 Prozent gestiegen. Das Budget für die ambulante Betreuung stieg von 29 Millionen Euro auf aktuell 77,8 Millionen Euro. Nun die Kehrtwende: 2011 und 2012 setzt die Behörde jeweils nur noch 15,7 Millionen für diesen Bereich an. Parallel, so Wersich, solle nun der Allgemeine Soziale Dienst (ASD) neu ausgerichtet und gestärkt werden. Hier soll künftig auch die konkrete Betreuung der hilfsbedürftigen Familien angesiedelt sein. In den vergangenen Jahren war das Personal um 100 Stellen auf 334 aufgestockt worden.

Die Freien Träger halten die hohen Sparvorgaben der Behörde allerdings für unrealistisch. "Langfristig ist die Idee richtig, auf neue Hilfsangebote zu setzen. Kurzfristig ist das aber nicht umzusetzen", sagte Michael Edeler, Geschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtsverbände. Für die ambulanten Hilfen gebe es einen Rechtsanspruch. "Wenn es einen Bedarf gibt, muss der erfüllt werden." Wie bereits in den vergangenen Jahren sei damit zu rechnen, dass die Mehrkosten dann über einen Nachtragshaushalt ausgeglichen werden müssten.

Der Haushaltsentwurf soll in der nächsten Woche in der Bürgerschaft in erster Lesung beraten werden. Mit 2,5 Milliarden Euro ist der Sozialetat der größte Einzelposten. Dabei machen die Ausgaben für Sozialleistungen mit etwa 2,36 Millionen Euro mehr als 90 Prozent aus. Mehr ausgeben will die Sozialbehörde unter anderem in der Kindertagesbetreuung: Der Bereich wächst um fünf Prozent auf 969 Millionen Euro. Die Behörde rechnet mit steigendem Bedarf und plant deshalb 3500 neue Plätze. Trotzdem muss auch die Sozialbehörde sparen: im nächsten Jahr 46 Millionen Euro, 2012 etwa 64 Millionen.