SPD stellt einen Antrag zum Erhalt der Therapie-Einrichtung am UKE. Seit 1998 ist die Zahl der Selbstmorde in Hamburg rückläufig.

Hamburg. Die SPD spricht von Vertragsbruch. Professor Paul Götze, einer der renommiertesten Suizid-Experten in Deutschland, von einer Katastrophe: Sollte die Bürgerschaft den Antrag der SPD-Fraktion zum Erhalt des Therapie-Zentrums für Suizidgefährdete (TZS) an der Uniklinik Eppendorf (UKE) am morgigen Donnerstag ablehnen, wäre die 20-jährige Arbeit eines bundesweit einmaligen und international anerkannten Experten-Teams in seinen bisherigen Strukturen beendet. Das UKE will das TZS in die Klinik für Psychiatrie integrieren.

Seit 1998 ist die Zahl der Selbstmorde in Hamburg rückläufig. Sie sank von 340 auf 219 im Jahr 2009 und damit deutlich stärker als im Bundesdurchschnitt. Noch im März 2009 hatte die Bürgerschaft auf Antrag der CDU und der GAL eine Stärkung des TZS, in dem rund 250 Suizidgefährdete pro Jahr behandelt werden, beschlossen. Ein Kooperationsvertrag zwischen UKE und Wissenschaftsbehörde sah die Erhaltung der "Qualität und inhaltlichen Ausrichtung des therapeutischen Angebotes" vor. Und dafür verbindliche Zahlungen von 320.000 Euro (UKE) und 130.000 Euro durch die Behörde.

"Wenn man einen Vertrag schließt, muss er eingehalten werden - auch wenn er einem irgendwann nicht mehr passt", sagt Martin Schäfer (SPD). Der Vertrag hat eine Laufzeit bis Ende 2012. Das UKE argumentiert, dass durch die Integration die Versorgung der Patienten verbessert werde. Schon jetzt würden in der Klinik für Psychiatrie 4000 suizidgefährdete Patienten pro Jahr behandelt. Diese Doppelstruktur wolle man aufheben.

Professor Götze, 68, hat das preisgekrönte TZS vor 20 Jahren am UKE initiiert und dann bis 2007 geleitet. "Das TZS wendet sich an Patienten, die von der bestehenden Versorgungsstruktur nicht erreicht werden", sagt er. Diese seien häufig hoch ambivalent und ängstlich hinsichtlich der Aufnahme einer Behandlung. "Sie empfinden sich in vielen Fällen auch nicht als psychisch krank." Um sie für eine Behandlung zu gewinnen, "braucht es Kompetenz, Zeit und Behandlerkontinuität".

Götze versteht nicht, warum eine renommierte Einrichtung mit höchst qualifizierten Fachkräften aufgegeben wird. Und nun Kollegen die Versorgung der Patienten übernehmen sollen, die dafür eine "völlig unzureichende Qualifizierung" hätten. "Sie sind nicht auf dem heutigen Stand der Wissenschaft in der Diagnostik und Behandlung von Suizidgefährdeten", sagt Götze. "Das ist eigentlich beschämend für das UKE."

Außerdem leiste das TZS hervorragende Arbeit auf dem Gebiet der Suizidprävention sowie bei Angeboten für Hinterbliebene und Angehörige, der Fort- und Weiterbildung, der Beratung von Experten und in der Öffentlichkeitsarbeit. Wenn das TZS mit seinem "auf die Suizidalität fokussierten niedrigschwelligen Angebot" verschwinde, so Götze, "gibt Hamburg das wichtigste Zentrum für Suizidprävention in Deutschland auf."