Kultursenator Reinhard Stuth im Abendblatt-Interview. Er sieht sich in seiner Politik bestätigt und keinen Grund zum Rücktritt

Hamburg. Er war das Gesicht dieser Sparbeschlüsse. Und die Zielscheibe des massiven Protests dagegen. Weil sich in Hamburg - ein gutes Jahr nach der Besetzung des Gängeviertels - mal wieder Künstler mit Bürgern zusammentaten, um sich gegen die Politik des Senats zu wehren. Doch Kultursenator Reinhard Stuth ist nichts anzumerken. Frisch sieht er aus. Und trinkt zum Interview nicht einmal Wasser.

Hamburger Abendblatt:

Sie haben vorgestern um kurz vor acht in der Bürgerschaft gesagt, das Altonaer Museum werde auf jeden Fall geschlossen. Drei Stunden später verkündet Bürgermeister Ahlhaus das Gegenteil. Müssten Sie nicht eigentlich zurückzutreten?

Reinhard Stuth:

Im Gegenteil. Es ist doch eine gute Nachricht, dass es möglich geworden ist, die Frage des Altonaer Museums neu zu bewerten. Ich habe meine Rede auf dem Kenntnisstand des Nachmittags gehalten. Es gab auf dem Kulturgipfel viel Bewegung. Auf allen beteiligten Seiten. Mit einer so starken Bewegung habe ich nicht gerechnet.

Sie haben heftige Wochen hinter sich, doch die Lorbeeren Ihrer Arbeit erntet der Bürgermeister. Ärgert Sie das nicht?

Stuth:

Überhaupt nicht. Ich bin wirklich froh, dass der Bürgermeister selbst die Initiative zu diesem Kulturgipfel ergriffen hat. Wichtig an der jetzigen Lösung ist vor allem, dass die Museen die Möglichkeit bekommen, sich neu zu ordnen. Und das in einem sehr ambitionierten Zeitplan bis zum 1. April 2011.

Die Lösungen, die beim Gipfel besprochen wurden, kannten Sie vorher nicht?

Stuth:

Doch natürlich, ich habe sie selbst mit erarbeitet.

Warum sagen Sie dann am Abend etwas, das kurz vor Mitternacht keine Gültigkeit mehr hat?

Stuth:

Weil die Aussagen aus den Museen zu diesem Zeitpunkt noch andere waren. Das letzte Wort, das ich aus den Museen hörte, war, dass sie nicht bereit sein werden, ab 2014 Einsparungen von 3,5 Millionen zu akzeptieren.

Und Sie fanden nicht, dass Ihr Auftritt ein wenig unglücklich war?

Stuth:

Ich habe nur den aktuellen Stand wiedergegeben. Im Übrigen wurden die Sparbeschlüsse nicht von mir allein getroffen. Sie waren Senatsbeschluss. Der Finanzsenator und alle anderen wurden dafür politisch weniger herangezogen.

Aber entschuldigen Sie, Herr Stuth, Sie sind ja auch der Kultursenator.

Stuth:

Ich kann nur wiederholen: Der Haushalt war ein gemeinsamer Senatsbeschluss. Und die vorgestern getroffenen Modifizierungen sind das Ergebnis meiner Verhandlungen mit den betroffenen Institutionen, wo noch Spielräume sein könnten.

Nur hat die Öffentlichkeit davon offenbar nichts mitbekommen. Warum?

Stuth:

Vielleicht weil die Annäherung eine schrittweise war. Im Übrigen habe ich schon vor einiger Zeit gesagt, dass wir überlegen, ob wir die Kürzungen zeitlich strecken können.

Vor zwei Wochen haben Sie noch gesagt, dass die Argumente des Schauspielhaus-Ensembles Sie nicht überzeugt hätten.

Stuth:

Es ist immerhin so, dass am Anfang gesagt worden ist, die Senatsbeschlüsse würden zum Ende des Schauspielhauses oder des Jungen Schauspielhauses führen. Heute sehen wir, dass sehr wohl Kürzungen möglich sind, sogar in der von uns vorgesehenen Höhe, wenn man den Betrag über zwei Spielzeiten streckt. Insofern fühle ich mich nicht widerlegt.

Die Behörde sucht nach einem neuen Intendanten. Den Kandidaten wird gesagt, die Entscheidung fällt 2011. Eilt es nicht?

Stuth:

Ich habe nicht gesagt, dass es erst im nächsten Jahr entschieden wird. Ich habe es mit der Entscheidung eher eilig.

Die Kulturbehörde ist in den vergangenen Jahren sehr gewachsen. Könnte da nicht auch gespart werden?

Stuth:

Die Verträge der Mitarbeiter lassen uns keinen Spielraum.

Man kann also Künstler und Schauspieler einfach so kündigen, und der eigene Verwaltungsapparat bleibt erhalten?

Stuth:

Das ist eine polemische Zuspitzung. Wir werden auch Einsparungen im Personalbereich prüfen, soweit es uns möglich ist.

Wie stellen Sie sich in Zukunft eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit den Kulturinstituten vor?

Stuth:

Ich fand die Gespräche mit den Bücherhallen, Museen und Theatern sehr konstruktiv und professionell. Das war in der Sache oft nicht einfach. Aber ich habe hohen Respekt davor, wie sich die Repräsentanten städtischer Institutionen für ihre Häuser engagieren.

Erst sollten 1,5 Millionen bei den Bücherhallen gespart werden, nun sind es 500 000 Euro. Braucht man dazu einen Kulturgipfel?

Stuth:

Ich habe das Amt des Kultursenators erst übernommen, als wesentliche Eckdaten der Haushaltsberatungen bereits entschieden waren. Jede einzelne Maßnahme ist problematisch und hat für die Kulturmetropole Hamburg eine negative Wirkung. Dann taucht aber sofort die Frage auf, wenn hier nicht gekürzt wird, wo dann? Deshalb gab es den Kulturgipfel. Insoweit freue ich mich, dass mein Plädoyer, die Kultur anders zu behandeln, jetzt mit etwas Verspätung Gehör gefunden hat.

Diesen Erfolg selbst verkünden zu dürfen, das wäre Ihr Lohn gewesen. Stattdessen tat es jemand anders.

Stuth:

Mit Verlaub, dieser andere war der Erste Bürgermeister der Stadt Hamburg. Er verkündet alles, was die ganze Stadt betrifft. Die zuweilen auch von der Kultur unterschätzte Frage nach der Konsolidierung des Haushaltes, den der Bürgermeister zu verantworten hat, soll er ruhig beantworten.

Sie verantworten aber die Kultur ...

Stuth:

Ich bin ausgesprochen froh, dass der Bürgermeister sich mit so hohem Aufwand für die Belange der Kultur interessiert hat. Da freue ich mich drüber.