Hamburgs Bürgermeister Christoph Ahlhaus besucht Prag, trifft den Staatspräsidenten, spricht über den Hafen - und schlägt sich gut.

Prag. So viel Ehre wird einem Hamburger Bürgermeister selten zuteil, wenn er auf Reisen ist: Senatschef Christoph Ahlhaus (CDU) wohnt auf seiner ersten Auslandstour in der altehrwürdigen Residenz seines Amtskollegen Pavel Bem, des Primators der tschechischen Hauptstadt Prag. Üblicherweise übernachtet der Bürgermeister auf Delegationsreisen in einem Hotel. Ahlhaus zeigte sich von dem historischen Bau beeindruckt und nutzte das Angebot zum Musizieren in dem Jugendstilhaus noch in der Nacht der Ankunft. Er spielte auf dem Petrof-Flügel die Mondscheinsonate - einzige Zuhörer waren Staatsrat Carsten Lüdemann und seine beiden Sicherheitsbeamten.

Der erste offizielle Auslandstermin des neuen Bürgermeisters war zugleich der protokollarische Höhepunkt des Zwei-Tage-Trips an die Moldau: Staatspräsident Vaclav Klaus empfing Ahlhaus zum Gespräch. "Der Staatspräsident hat das Interesse Tschechiens am Hafen klar zum Ausdruck gebracht", sagte Ahlhaus nach dem Treffen auf der Prager Burg, dem Hradschin. Tschechien ist der mit Abstand größte Handelspartner Hamburgs im osteuropäischen Raum. Von den 4,8 Millionen Tonnen Waren, die von Hamburg aus 2009 in diese Region transportiert wurden, gingen 3,5 Millionen Tonnen nach Tschechien. Nach einem Einbruch im vergangenen Jahr stieg das Umschlagsvolumen in den ersten sechs Monaten dieses Jahres um 43 Prozent. Klaus bekräftigte das Interesse seines Landes, den Vertrag über den tschechischen Hafen in Hamburg, den es seit 1929 aufgrund des Versailler Vertrags gibt, über 2028 hinaus zu verlängern. Allerdings: Derzeit werden nur zwei Prozent des Warenverkehrs mit der tschechischen Republik auf dem Wasserweg abgewickelt. Hier dominiert die Schiene.

Ahlhaus hat Klaus zu einem offiziellen Staatsbesuch nach Hamburg eingeladen. Voraussichtlich im Juni 2011 wird der Staatspräsident vor dem Übersee-Club sprechen und dann auch im Rathaus "vorbeischauen". Klaus kennt das Rathaus bereits, denn er war Anfang der 90er-Jahre zusammen mit dem ehemaligen sächsischen Ministerpräsidenten Kurt Biedenkopf Ehrengast bei der Matthiae-Mahlzeit. Auf einen Dolmetscher konnten Ahlhaus und Klaus übrigens verzichten. Der Staatspräsident spricht fließend Deutsch.

Es spricht für die Bedeutung Hamburgs, dass es überhaupt zum Empfang des Ministerpräsidenten eines Bundeslandes bei Klaus kam. Diplomatische Normalität war da schon eher der Besuch der 35-köpfigen Delegation im Prager Rathaus bei Primator Pavel Bem. Sehr ernst und entschlossen blickende Soldaten salutierten zu Ehren der Gäste. Eine Kapelle intonierte einen Tusch, als Ahlhaus und Primator Bem, mit Amtskette geschmückt, den prunkvollen Brozik-Saal betraten, der von großformatigen Ölgemälden beherrscht wird. Auf der einen Seite standen die Prager Stadträte Spalier, auf der anderen war die Hamburger Delegation. Die Städte blicken auf eine 20-jährige Partnerschaft zurück. "Hamburg war eine der ersten großen Städte, die eine solche Zusammenarbeit nach 1990 begonnen hat", sagte Bem. Ausdrücklich bedankte sich der Primator für die Hilfe aus Hamburg nach dem Jahrhunderthochwasser der Moldau 2002. "So soll Partnerschaft sein: Wenn einer Hilfe braucht, dann soll er sie schnell und aus vollem Herzen bekommen", erwiderte Ahlhaus in seiner Rede. Er betonte, heute habe sich die Partnerschaft zu einem "engen und vertrauensvollen Netz von Kontakten" auf vielen Ebenen entwickelt - etwa den Bereichen Wirtschaft, Stadtentwicklung, Wissenschaft und Schule.

Sensibel bezog Ahlhaus die historisch belasteten deutsch-tschechischen Beziehungen in seine Rede ein. "Es war nach dem Zweiten Weltkrieg nicht selbstverständlich, dass sich eine solche Freundschaft entwickeln konnte, wie wir sie heute haben", sagte der Bürgermeister. Ausdrücklich erwähnte er auch den Beitrag der "samtenen Revolution" in der damaligen Tschechoslowakei am Fall des Eisernen Vorhangs.

Beim Empfang zum Tag der Deutschen Einheit am Abend in der deutschen Botschaft erinnerte Ahlhaus in seiner Rede noch einmal daran, dass "der politische Umbruch und der Kampf um Freiheit und demokratische Strukturen in der Tschechoslowakei, Polen, Ungarn und der DDR das Fundament für den Fall der Berliner Mauer" waren. Die Botschaft, das Palais Lobkowicz, ist ein historischer Ort: Vor 21 Jahren hatte der damalige Außenminister Hans-Dietrich Genscher vom Balkon aus mehr als 4000 DDR-Flüchtlingen mitgeteilt, dass sie in die Bundesrepublik ausreisen dürfen. Der erste offizielle Auftritt des Hamburger Bürgermeisters auf internationalem Parkett darf als geglückt bezeichnet werden.