Umwelttechnisch gesehen bleibt der Hafen ein Frosch - auch wenn die PR-Strategen der Umweltbehörde noch so viel küssen.

Hamburg. Wenn man wissen möchte, wie Hamburg seinen Hafen als Teil der Umwelthauptstadt 2011 präsentieren will, lohnt ein Blick in die Werbeblättchen, die die Stadt zu diesem Ereignis jetzt schon herausgebracht hat. Grün wie der sommerliche Algenschleim auf Alster und Kanälen sind sie im Grundton gehalten. Und der Teil, der sich mit Schiffen und Containern befasst, klingt dann auch so, als habe sich Hamburg in den vergangenen Jahren eine Art Öko-Hafen zurechtgebastelt. 70 Prozent aller Container würden mittlerweile nicht mit dem Lkw weitertransportiert, sondern mit der umweltfreundlichen Bahn, liest man dort und ist überrascht: Ein Blick in die nüchterne Statistik zeigt jedenfalls etwas anderes: Nur 1,6 Millionen der rund sieben Millionen verschifften Containereinheiten pro Jahr wurden demnach mit der Güterbahn weitertransportiert. Das sind selbst bei grünster Auslegung keine 70 Prozent.

Wie die PR-Strategen der Umweltbehörde auf 70 Prozent kommen, steht an anderer Stelle: 70 Prozent der Containertransporte ab 150 Kilometer Entfernung rollen mit Güterwaggons dahin, heißt es dort. Das bedeutet aber: Ein großer Teil der Container innerhalb des 150-Kilometer-Ringes, also im Kerngebiet der Umwelthauptstadt 2011, wird mit dem nicht gerade ökologisch anspruchsvollen Verkehrsmittel Lkw erledigt. "Es wird schlicht geschummelt in den Werbebroschüren, das ärgert uns", kritisiert dann auch Klaus Baumgardt vom Förderkreis "Rettet die Elbe", der als kleiner Umweltverband immer sehr genau hinsieht, wenn es um den Hafen geht.

Die Sache mit den Lkw ist aber nicht die einzige, freundlich ausgelegt, Ungenauigkeit in Sachen Öko-Bilanz im Hafen. Bald schon würden die Kreuzfahrtschiffe ihren Strom während der Liegezeiten aus der Steckdose beziehen, heißt es in dem Werbeblättchen der Stadt weiter. Das Wort vom "Touristenstrom" bekäme dann neue Bedeutung, so wird argumentiert

Eine hübsche Formulierung - nur leider völlig an der Realität vorbei. Tatsächlich plant die Stadt bereits seit 2006 an sogenannten Landstrom-Anlagen herum, um die enormen Schadstoffausstöße von Kreuzfahrtschiff einzudämmen. Denn Schiffe blasen - anders als Fahrzeuge an Land - ihre Abgase völlig ungefiltert in die Luft: Rußpartikel, Stickoxide, Schwefel - das sind dann die Stoffe, deren Grenzwerte an den Kreuzfahrtterminals regelmäßig überschritten werden, wie die Umweltbehörde einräumt. Eine Landstromanlage ist aber lange noch nicht in Sicht. Aber immerhin verhandelt Umweltstaatsrat Christian Maaß (GAL) derzeit in London mit anderen Hafenstädten über einen Öko-Index. Umweltfreundliche Schiffe, die besonders sauberen Treibstoff verwenden, sollen dann günstigere Liegekosten bekommen, so der Plan. Spätestens 2011 werde daher ein solcher Öko-Index in Hamburg eingeführt, kündigte Maaß an. Immerhin und gut gemeint - wenn es auch ausgerechnet der GAL-Koalitionspartner CDU war, der genau einen solchen Umweltpassus bei den Liegegebühren in Hamburg 2001 abgeschafft hatte.

Doch man dürfe nicht ungerecht sein, verteidigt Uwe Johannsen vom Umweltverband WWF die Stadt. "Die Abgasprobleme haben alle Hafenstädte", sagt er. Gleichwohl will Johannsen Hamburg in Sachen Hafen keine Öko-Absolution erteilen. Und das liegt an der geplanten Elbvertiefung. Da, meint Johannsen, müsse man schon international vergleichen: und zwar mit Antwerpen, einem der großen Konkurrenten Hamburgs. Auch die belgische Hafenstadt kann von Seeschiffen nur über den langen Weg auf der Schelde erreicht werden. Eine ganz ähnliche Situation wie an der Elbe also. Dort sei es im Unterschied zu Hamburg aber gelungen, für eine Scheldevertiefung eine Art Burgfrieden zwischen Naturschützern und Hafenplanern zu erreichen. Die Schelde wurde tiefer gebaggert - gleichzeitig bekam der Fluss durch umfangreiche Rückdeichungen aber viel Raum zurück, sagt Johannsen. An einer solchen Einsicht mangele es in der Hansestadt - auch wenn die Hafenverwaltung Hamburg Port Authority (HPA) versuche, ein Tideelbekonzept zu erstellen. Johannsen: "Das Entscheidende ist aber, dass dabei die direkte Verknüpfung mit der Elbvertiefung fehlt."

Ist also der Hafen das Öko-Stiefkind der Umwelthauptstadt? "Nein, nein", sagt HPA-Sprecherin Karin Lengenfelder und verweist auf "etliche" Punkte, wo der Hafen doch recht gut in Umweltdingen abschneide. Und tatsächlich gibt es einige Ansätze, die über grüne Werbeblatt-Botschaften hinausgehen: Die eigenen Hafenfahrzeuge rüstete die HPA beispielsweise schon früh auf schwefelarmen Treibstoff um. "Früher als Rotterdam", sagt HPA-Chef Jens Meir stolz. Aktuell experimentiert die HPA mit einer geothermischen Heizung für Hafenbahnweichen - die im Winter Wärme brauchen, damit sie bewegt werden können.

Und auch um die Zukunft macht sich die HPA Gedanken: Für das geplante neue Terminal Steinwerder war daher der arg strapazierte Begriff der Nachhaltigkeit gefordert. So legten Unternehmen Pläne vor, die beispielsweise Wassertaxis und eine Gondelbahn als Erschließung vorsehen. Eine riesige Wasserfall-Wand soll als Lärmschutz dienen. Und klimaneutral, na klar, wäre ein solches Terminal der Zukunft sowieso.

Aber noch ist nichts davon konkret geplant. Der Umweltverein "Rettet die Elbe" bietet zum Umwelthauptstadt-Jahr daher eine neue Barkassen-Rundfahrt an. Thema: "Wie sich Hamburg grünlügt." Das Märchen vom grünen Hafen wird wohl wirklich nicht mehr rechtzeitig wahr. Umwelttechnisch gesehen bleibt der Hafen ein Frosch - auch wenn die PR-Strategen der Umweltbehörde noch so viel küssen.