Viele Familien waren unter den mehr als 25.000 Besuchern, die zu fast 100 historischen Orten und Gebäuden pilgerten. Ein Rekord.

Hamburg. Rekordandrang beim Tag des offenen Denkmals: Mehr als 25.000 Besucher kamen am Wochenende zu den fast 100 historischen Orten. "Was mich besonders freut: Es sind viel mehr Familien dabei gewesen. Das Publikum ist viel jünger und gemischter geworden", sagt Kristina Sassenscheidt von der Kulturbehörde, die den Tag mit der Stiftung Denkmalpflege organisierte. Es seien nicht mehr nur hübsch sanierte Denkmäler gezeigt worden, die man rückblickend bestaunen könne, sondern auch unsanierte. Sassenscheidt: "Das macht den Tag natürlich spannender." Weiterhin sei die Bereitschaft zum Diskurs hoch. "Überall reden die Menschen leidenschaftlich und engagieren sich", sagt sie.

Zum Beispiel bei "Anton", dem ehemaligen Kraftwerk Bille in Hammerbrook, das Vattenfall als Eigentümer abreißen will. "Wir hatten mehr als 1000 Besucher und mussten schon mittags die Unterschriftenlisten nachdrucken", sagt Stefanie Kleschies, die als letzte Mieterin für den Erhalt des Gebäudes kämpft. Mehr als 500 Besucher unterschrieben die Solidaritätslisten. Und die Postkarten ("Save Anton") waren schnell vergriffen.

Über die Karte freute sich Luise Höller. Die 85 Jahre alte Besucherin hat ein besonderes Verhältnis zu dem Gebäude. "50 Jahre lang hatten wir es gemietet und betreiben hier die Wäscherei Kieser. In den besten Zeiten haben hier 400 Menschen gearbeitet. Anton abzureißen ist Wahnsinn, denn das Gebäude ist zu sanieren", sagt sie.

Mehr als 1000 Besucher kamen auch ins Gängeviertel, das mit einem Happening gegen die Auflagen des Bezirksamts Mitte protestierte. Amtsleiter Markus Schreiber hatte verboten, die zentralen Gebäude wegen Einsturzgefahr für Besucher zu öffnen.

Jeder, der sich zum Beispiel die "Fabrik" auch nur ansehen wollte, musste eine improvisierte "Behörden-Außenstelle zur Herstellung ordnungsgemäßer Zustände" passieren, dort von einer Toilettenpapierrolle eine Nummer ziehen und eine persiflierend-ironische Prüfung ("Sie haben doch wohl kein Holzbein, denn das ist wegen der Brandgefahr verboten") bestehen. Über die "unangemessene und überzogene" Schließung ist die Künstlerinitiative verärgert, "weil der Bezirk sich auf ein altes Gutachten bezieht. Ein neues Gutachten bescheinigt dagegen Sicherheit für die Erdgeschossflächen", sagt Gängeviertelsprecherin Christine Ebeling.

Hamburgs neuer Kultursenator Reinhard Stuth (CDU), der den Denkmalschutz überraschenderweise zum Hauptthema seiner Amtszeit erklärt hatte, besuchte gestern mehrere, eher traditionelle Orte, so die Hauptkirchen St. Petri und St. Katharinen.