Am Internationalen Seegerichtshof büffeln 32 Schüler aus 29 Nationen vier Wochen lang Seerecht. Die akademische Elite hat Spaß dabei.

Nienstedten. Im winzigen Seminarraum sitzt die akademische Elite mit Notebooks auf dem Schoß. Niemand tuschelt oder wippt mit den Füßen, Disziplin gilt hier als Tugend. Während sich deutsche Studenten längst in die Sommerfrische verabschiedet haben, glänzt den 32 Schülern der Sommerakademie der internationalen Stiftung für Seerecht (IFLOS) der Fleiß-Schweiß auf der Stirn. "Anstrengend?", sagt die Koreanerin Hyun-Jung Kim, 30, die in Paris in internationalem Seerecht promoviert. "Kein Stück", sagt sie und klingt ein wenig ungläubig. Den Bildungs-Tripp empfinde sie "als Urlaub".

An Urlaub erinnert höchstens der traumhafte Blick, den die Schüler im ersten Geschoss der "Villa Schröder" genießen. Unter ihnen, auf dem Gelände des Internationalen Seegerichtshofs in Nienstedten, erstreckt sich der pittoreske Park, der fast an die 100 Meter entfernte Elbe grenzt. Geschont werden die 32 Schüler der vierten Sommerakademie nun wirklich nicht. Eine Vorlesung jagt die nächste, 35 Dozenten referieren vier Wochen lang zu juristischen, wirtschaftlichen und wissenschaftlichen Detailfragen zur Nutzung der Meere: Wie lassen sich zwischenstaatliche Konflikte friedlich beilegen, wer haftet bei Umweltschäden auf hoher See? Neun Stunden täglich büffeln die Schüler. Nicht umsonst gilt die Sommerakademie als Kaderschmiede angehender Seerechtler. Wer hier sitzt, gehört zu den "Besten der Besten", sagt Akademie-Manager Joachim König.

70 Bewerbungen aus 40 Staaten lagen in diesem Jahr auf dem Schreibtisch der Stiftungsvorsitzenden Doris König. Nur 32 Männer und Frauen aus 29 Nationen haben es in den Lehrgang geschafft - herausragende Qualifikationen vorausgesetzt. Den exklusiven Kurs lassen sich die Teilnehmer, die aus Ländern wie Estland, Kamerun, Polen oder China kommen, einiges kosten: Wer nicht eins der neun Stipendien ergattert hat, zahlt 2000 Euro für den Kursus, Verpflegung und Unterbringung im Bildungsinstitut "Haus Rissen" inklusive.

Seitdem die Stiftung vor vier Jahren die Akademie ins Leben gerufen hat, sind die Bewerberzahlen Jahr für Jahr gestiegen. "Wir hoffen, dass unsere Schüler die Idee der friedlichen Streitbeilegung in ihre Länder transportieren", sagt König. Die nächste Etappe hat die Stiftung im Visier: Nicht nur vier Wochen, sondern das ganze Jahr über sollen in der "Villa Schröder" Nachwuchskräfte in Sachen Seerecht fit gemacht werden. "Wir hoffen, eine Seerechtsakademie bis 2015 etablieren zu können", sagt der Schatzmeister der Stiftung, Manfred Trantofsky.

Zu den "High Potentials" des aktuellen Lehrgangs gehört auch die Polin Maja Gluchowska, 27. Sie dürfte als Prototyp der künftigen Elite durchgehen: Die junge Frau hat in Heidelberg studiert, spricht akzentfrei deutsch und macht in Danzig ihren Doktor in internationalem Seerecht. Der Stress lohne sich, sagt sie. Seerecht sei eine Fachrichtung mit guten Zukunftsaussichten und Verdienstchancen. Man denke nur an den Streit zwischen Russland, den USA und anderen Nationen über die Gebietsansprüche in der Arktis.

Mittagspause beim Italiener um die Ecke. Zwischen 13 und 15 Uhr streift die Schüler ein Hauch von La Dolce Vita, wenn sie über Schweinefilet an Kartoffelschaum hinweg das gerade Gelernte Revue passieren lassen. So nah sei sie ihren akademischen Vorbildern nie zuvor gewesen, sagt Maja Gluchowska und strahlt. Live und in Echtzeit erlebt sie jene Koryphäen, von denen sie bisher nur Aufsätze gelesen hat. Experten wie Rüdiger Wolfrum etwa, einst Präsident des Internationalen Seegerichtshofes, oder dem Seerechtsexperten John Hare (Uni Kapstadt). Akademische Superstars zum Anfassen, sozusagen.

Gut, dass die Eifrigen abends abschalten dürfen. Grillpartys, Besuche in Lübeck und Berlin lockern den Lernalltag ein wenig auf. In Hamburg, "dieser wunderschönen Stadt", lasse sich so viel entdecken, findet Humphrey Fombany, 35, der in Kapstadt studiert. Eine Kiez-Visite und ein Streifzug über den Fischmarkt liege bereits hinter ihnen, versichert eine Studentin kichernd.