Mitarbeiter des Kinderkompetenzzentrums untersuchten knapp 100 Kinder. UKE zählt Plus von 50 Prozent. Grund ist höhere Sensibilität.

Hamburg. Das UKE hat eine Zunahme von Verdachtsfällen bei Kindesmisshandlungen registriert. So haben Mitarbeiter des zuständigen Kinderkompetenzzentrums bis Mitte April knapp 100 Kinder untersucht. "Das sind etwa 50 Prozent mehr als noch im Vergleichszeitraum des Vorjahres", sagt Dragana Seifert, Leiterin des Zentrums. In den meisten Fällen habe sich der Verdacht auch bestätigt. Eine Auswertung darüber gebe es allerdings nicht.

In den meisten Fällen handelte es sich bei den Tatverdächtigen um die Sorgeberechtigten, also Eltern oder Großeltern, sagte Seifert. Bei den Taten handelte es sich größtenteils um körperliche Gewalt. Die Mediziner stellten in der Regel Hämatome etwa durch Ohrfeigen fest, in seltenen Fällen auch Knochenbrüche. "Es wäre allerdings fatal anzunehmen, den Kindern würde es insgesamt schlechter gehen", sagte Seifert. Die gestiegene Zahl der gemeldeten Verdachtsfälle habe eine andere Ursache. Die Gesellschaft sei sensibler geworden. Missbrauchsfälle würden heutzutage viel eher den zuständigen Stellen gemeldet als früher.

+++ Misshandlung hinterlässt Spuren im Gehirn +++

So hat sich etwa die Verdachtszahl von Kindeswohlgefährdungen seit 2006 nahezu vervierfacht. Im dritten Quartal 2006 lag die Zahl bei 799 und stieg seitdem fast stetig an. Im ersten Quartal 2011 waren es 2157 Fälle, zwischenzeitlich waren es sogar 2672. Die polizeilich registrierte Opferzahl bei Kindern hat sich dagegen in den vergangenen Jahren kaum verändert. Sie lag im vergangenen Jahr bei 2336. Allerdings ist in dieser Statistik die Art der Taten nicht weiter aufgeschlüsselt.

Bekannt ist dagegen, dass es vor allem die Jugendämter sind, die die Meldungen über etwaige Misshandlungen an das Kinderkompetenzzentrum des UKE machen. "Die rufen uns an und besprechen, ob eine Untersuchung sinnvoll ist", sagt Dragana Seifert. Meldungen kämen auch aus Krankenhäusern oder Kitas.

Ein weiterer Grund für die steigende Zahl der Verdachtsfälle könnte auch das zum 1. Januar verschärfte Kinderschutzgesetz sein, nach dem etwa Lehrer oder Erzieher Verdachtsfälle melden müssen. Tun sie das nicht, machen sie sich womöglich strafbar. Eine Änderung des Gesetzes ist, dass das Weiterleiten entsprechender Informationen kein Verstoß gegen das Berufsgeheimnis mehr darstellt. (sba)