Politik signalisiert Hilfe für Familie Sarkassian. Nach 13 Jahren in Hamburg soll die Familie ausreisen. Eingabenausschuss tagt am Montag.

Hamburg. Sie lächelt das alles weg. Den Druck, die Sorgen, die Angst. "Weil ich glaube, dass alles gut wird", sagt Melania Sarkissian. Ihre Mutter ist gesundheitlich angeschlagen, ihre Schwester ist mit elf Jahren etwas zu jung, um zu helfen. Also versucht Melania die missliche Situation zu bewältigen. Mit einem strammen Programm für eine 17-Jährige. Sie erledigt die Anwalts- und Behördenkorrespondenz, kümmert sich um die lästigen, aber wichtigen Formalitäten, ist für ihre Mutter da und geht momentan eher nebenbei zur Schule. "Die Tage waren anstrengend - viel Behördenkram, viele Gespräche. Aber an der Schule", sagt sie, "wurde uns so sehr geholfen. Wir sind überwältigt. Ich habe eine tolle Klasse!"

Es geht jetzt doch sehr schnell für Melania und ihre von der Abschiebung bedrohte Familie. Nach Abendblatt-Informationen befasst sich der Eingabenausschuss der Bürgerschaft schon am Montag und nicht erst in zwei Wochen mit dem Fall. Wie berichtet, sollen Melania, ihre Schwester Anna und Mutter Armine nach 13 Jahren in Hamburg nach Armenien ausreisen. Trotz des deutschen Schulabschlusses von Melania, trotz ihrer Anstrengung, das Abitur zu erlangen. Schulleitung und Mitschüler der Heinrich-Hertz-Schule reichten daraufhin eine Petition ein, demonstrierten, sammelten Geld und sprachen sich für den Verbleib der Familie aus. Anna und Melania sollen nach jahrelanger Duldung nicht kampflos der Abschiebepraxis überlassen werden.

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Inzwischen scheint sich auch der politische Wind zu drehen. "Ich kann grundsätzlich sagen, dass sich die SPD-Bürgerschaftsfraktion für den Verbleib der Mädchen in Hamburg einsetzen wird", sagt Sören Schumacher, Mitglied des Eingabenausschusses und Vorsitzender der Härtefallkommission. Nach wie vor bestehe allerdings das juristische Problem, dass die Familie wegen ihres vorschnell gestellten Asylantrags in den Zuständigkeitsbereich Nordrhein-Westfalens gelangt sei. "Aber was Hamburg tun kann, wird Hamburg bewegen", sagt Schumacher. Die SPD sei bereit, gut integrierten Jugendlichen wie Melania zu helfen. Bestenfalls könnte der Fall zunächst vom Eingabenausschuss an die Härtefallkommission übergeben werden.

"Melania und Anna Sarkissian sind Beispiele für gelebte Integration in der weltoffenen Stadt Hamburg", sagt der CDU-Bundestagsabgeordnete Marcus Weinberg. "Sie sind Hamburger." Eine Abschiebung erachtet Weinberg als falsches Signal für die Bereitschaft der Stadt, Integration zu mehr zu machen als zu einem bloßen Lippenbekenntnis. Er kritisiert zudem das Vorgehen der Ausländerbehörde, die den Fall von sich aus an die Härtefallkommission hätte weiterleiten müssen, statt die Abschiebung mit dem Verweis auf die illegale Einreise einzuleiten. Abschließend erklärt Weinberg: "Ich bitte den Senat darum, seine restriktive Haltung aufzugeben und die Abschiebung mit der Aussicht auf die Gewährung eines dauerhaften Aufenthaltsrechts auszusetzen."

Eingabenausschussmitglied Martina Kaesbach (FDP) will sich inhaltlich zurückhalten, verweist aber auf eine Bundesratsinitiative der schwarz-gelben Landesregierung Schleswig-Holsteins. "Darin fordern wir ein grundsätzliches Bleiberecht für integrierte ausländische Jugendliche", sagt die integrationspolitische Sprecherin der FDP-Bürgerschaftsfraktion. Dieser Initiative habe sich der SPD-Senat aber nicht anschließen wollen.

Dagegen bieten die Schüler der Heinrich-Hertz-Schule jedem Hamburger die Chance, sich ihrer Demonstration anzuschließen. Am Dienstag, von 15 Uhr an, wollen sie von der Schule bis zum Winterhuder Marktplatz gehen, um für einen Verbleib ihrer Mitschüler Anna und Melania zu werben. "Dieser Einsatz meiner Schüler macht mich stolz", sagt Schulleiter Gerd Augustin. Anna und Melania dürften nicht dafür bestraft werden, dass ihre Mutter in einem anderen Land geboren ist. "Vielleicht ist es ja ein gutes Zeichen, dass sich der Ausschuss schon Montag mit unserer Petition beschäftigt", sagt er.

Für Melania, die am Wochenende mit der Familie nur etwas kochen und zur Ruhe kommen möchte, sind es Tage zwischen Hoffen und Bangen. Sie lächelt das alles weg.