Finanzlage der Partei spitzt sich zu. Solvente Großspender bleiben aus.Christdemokraten müssen radikal sparen: “Es darf keine Tabus geben.“

Hamburg. Die Hamburger CDU hat weiter Mitglieder verloren - 300 kehrten der Partei seit September 2011 den Rücken. Nach Auskunft des Landesverbandes liegt die Zahl aktuell bei 8659 Parteimitgliedern und hat damit erneut einen Tiefststand erreicht. 2001 lag die Mitgliederzahl noch bei 10.178. Damit verschärft sich auch die seit der verlorenen Bürgerschaftswahl ohnehin angespannte finanzielle Lage der Partei. Um die Finanzen wieder in den Griff zu kriegen, schließt CDU-Landeschef Marcus Weinberg selbst den Verkauf der Parteizentrale am Leinpfad nicht mehr aus. "Wir wollen das zwar nicht, aber es darf keine Tabus geben", sagte er dem Abendblatt. Im April will er ein Konsolidierungskonzept vorlegen.

Wie dramatisch die Lage ist, wird an den aktuellen Zahlen deutlich. Nahm der Hamburger Landesverband im Bürgerschaftswahljahr 2008 insgesamt noch 2,1 Millionen Euro ein, waren es im Jahr der Bundestagswahl 2009 nur noch 1,5 Millionen. Nach Schätzungen der Partei liegt die Zahl für 2010 noch einmal 25 bis 30 Prozent darunter - also bei knapp über einer Million Euro.

Durch das schlechte Wahlergebnis bei der Bürgerschaftswahl 2011 hat sich die Fraktionsstärke der CDU halbiert - nur noch 28 Abgeordnete sitzen für die Union im Parlament. Damit hat sich die sogenannte Mandatsträgerabgabe an die Partei deutlich reduziert. 147 Euro zahlt jedes Bürgerschaftsmitglied pro Monat. Wer doppelte Diäten bekommt wie die stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden und die Mitglieder des Bürgerschaftspräsidiums, zahlt auch die doppelte Abgabe. Fraktionschef Dietrich Wersich zahlt mit dreifacher Diät die dreifache Abgabe. Zurzeit macht das für die Bürgerschaftsabgeordenten insgesamt rund 5000 Euro pro Monat.

Der Richtwert für Mitgliedsbeiträge liegt bei fünf Euro pro Mitglied und Monat. Ausnahmen gebe es zum Beispiel für Arbeitslose oder bei besonderen Notlagen. Auf der anderen Seite gebe es aber auch Mitglieder, die freiwillig einen dreistelligen Betrag pro Monat überweisen.

Letztlich reicht das alles nicht, um die Finanzlöcher zu stopfen. Der Partei fehlen nicht nur rund 100.000 Euro Wahlkampfkostenerstattung; seit die CDU nicht mehr in der Regierungsverantwortung steht, bleiben auch solvente Großspender aus.

Deshalb hat die Union damit begonnen gegenzusteuern. In einem ersten Schritt wurden "Dinge eingespart, auf die man leicht verzichten kann", sagte Weinberg. Darunter die zweitägige Klausurtagung in Jesteburg (jetzt gibt's nur noch einen Tag innerhalb Hamburgs). Auch trägt die Partei nicht mehr die Fahrtkosten der Mitglieder zum Bundesparteitag. Parallel werden "Gespräche geführt, um die Einnahmeseite zu verbessern" - bedeutet, es wird mit potenziellen Großspendern um Zuwendungen verhandelt.

Um es denen wieder schmackhaft zu machen, in die Partei zu investieren, verweist Weinberg auf die inhaltliche Arbeit, die nach der verlorenen Wahl begonnen hat. So zum Beispiel die Entwicklung neuer Leitlinien mit einem umfangreichen Diskussionsprozess in der Partei. Am 24. März sollen die Leitlinien bei einem Parteitag verabschiedet werden. Für Weinberg ist dies die Rückkehr zu "guter, inhaltlicher Arbeit" und dadurch letztlich auch ein Schritt raus aus der Finanzkrise.

Schon eine Weihnachtsaktion der Partei wertete Weinberg als positives Zeichen. In einem Weihnachtsbrief initiierte die Parteispitze eine Spendenaktion. Mehr als 100 Mitglieder hätten sich daran beteiligt und zwischen zehn und 50 Euro, manchmal auch mehr gegeben. "Es zeigt mir, dass die Mitglieder wieder Vertrauen in die CDU haben", sagte Weinberg.

Weder diese Spenden noch das Einsparen von "Häppchen" bei Veranstaltungen werden reichen. Deshalb will Weinberg in einem zweiten Schritt bis zum April ein umfassendes Finanzkonzept erarbeiten. "Ich möchte im Juni zu den Landesvorstandswahlen ein klares Konzept präsentieren, wie die Haushaltsstruktur für die nächsten Jahre gesichert werden kann", sagte Weinberg. Dabei gibt es keine inhaltlichen Tabus. "Jede Maßnahme und Ausgabe wird überprüft", kündigte er an. Sogar der Verkauf der Parteizentrale am Leinpfad oder Entlassungen bei den 14 Mitarbeitern sind nicht mehr ausgeschlossen. "Wir stehen nicht vor der Pleite, aber es wird jetzt jeder Euro umgedreht und auf sein Einsparpotenzial überprüft", kündigte Weinberg an. Die Zeiten, in denen die CDU viel habe investieren können, seien vorbei.

Das Abendblatt legt regelmäßig Geschichten auf Wiedervorlage und hakt nach, was aus großen Ankündigungen und wichtigen Themen wurde.