Zwei Hamburger Hochschullehrer über das Urteil des Verfassungsgerichts zur Besoldungsregelung an Universitäten.

Hamburg. Verdienen Professoren tatsächlich zu wenig? Nachdem ein hessischer Chemieprofessor vor dem Bundesverfassungsgericht eine Neuregelung der Hochschullehrerbesoldung erstritten hat, prüft auch Hamburg die Konsequenzen des Urteils. Das Abendblatt hat mit den Hamburger Uni-Professoren Arndt Schmehl, 42, (Prodekan Rechtswissenschaft) und Kai-Uwe Schnapp, 46, (Politikwissenschaft) gesprochen. Vor allem über Geld.

+++ Sehen Sie hier im Überblick die Bezahlung der Beamten in Hamburg +++


+++ Im Namen des Volkes: Mehr Geld für Professoren +++

+++ Steht W für "Wissenschaft" oder für "weniger"? +++

Hamburger Abendblatt: Herr Schnapp, Herr Schmehl, wie hoch ist Ihr Grundgehalt?
Kai-Uwe Schnapp: Mein Grundgehalt ist W2, brutto 4400 Euro plus Zulagen.

Arndt Schmehl: Ich werde mit W3 besoldet, brutto 5300 Euro und Zulagen.

Ist das zu wenig?
Schnapp: Es ist nicht schlecht. Aber im Vergleich zur freien Wirtschaft, in der Leute schon zehn Jahre verdienen, bevor ich zum Professor berufen werde, ist das nicht angemessen.

Schmehl: Es ist auskömmlich, wird aber nicht der Qualifikation, der Leistung und der Verantwortung gerecht. Es hält dem Vergleich auch innerhalb des öffentlichen Dienstes nicht stand. Schon die niedrigste Besoldungsgruppe für Richter überholt das Grundgehalt der höchsten für Professoren.

Wie bewerten Sie das aktuelle Urteil des Bundesverfassungsgerichts?
Schnapp: Weil es mich betrifft, finde ich es natürlich gut. Im Gegensatz zur alten Regelung mit Altersstaffelung ist der wissenschaftliche Karriereweg an der Universität mit der W-Besoldung vom Geld her nur noch teilweise konkurrenzfähig. Inzwischen gefährdet die geringe Bezahlung des wissenschaftlichen Personals die Nachwuchsrekrutierung.

Schmehl: Ich finde das Urteil überzeugend. Nicht nur, weil die Grundgehälter steigen sollen, sondern auch, weil die Zusatzregelungen transparenter und berechenbarer werden. Das war das eigentliche Ziel der neuen Besoldung: eine nachvollziehbare Leistungsdifferenzierung. Außerdem wird durch das Urteil als Nebeneffekt die Generationenspaltung kommuniziert: Älteren Kollegen mit den nach Alter gestaffelten Bezügen war das Problem nicht bewusst.

In der Öffentlichkeit werden aber auch neubesoldete Professoren als durchaus privilegiert wahrgenommen.
Schnapp: Das ist auch so. Ich habe maximalen inhaltlichen Entscheidungseinfluss auf meine Arbeit, bin zeitlich flexibel. Kurz: Ich kann Dinge tun, die mir Spaß machen, und werde gut bezahlt.

Schmehl: Hochschullehrer ist ein begeisternder Beruf: kreativ, vielfältig und verantwortungsvoll, zugleich ein öffentliches Amt. Es ist mein Wunschberuf und der Platz für unabhängige Wissenschaft und fachliche Vertiefung. Das Argument "wenn es sowieso Freude macht, braucht man es ja nicht unbedingt gut zu bezahlen" leuchtet nicht ein, auch in anderen Berufen nicht. Und natürlich spielt auch die staatliche Absicherung eine Rolle. Der Staat ist ein sicherer Schuldner.

Um Ihre Altersvorsorge müssen Sie sich keine Gedanken machen.
Schmehl: Sie ist recht gut, allerdings "riestere" auch ich.

Nachteile als Professor, gibt's die?
Schnapp: Der Karriereweg ist beschwerlich. Um als Professor berufen zu werden, muss man einen langen Weg mit befristeten Verträgen und schlechter Bezahlung auf sich nehmen. Man krebst viel rum. Aber sich in meiner jetzigen Position zu beklagen, wäre wirklich Jammern auf hohem Niveau.

Schmehl: Der Weg ist tatsächlich risikoreich. Die privaten Entscheidungen rücken nach hinten. Und die Kehrseite ist, dass man praktisch rund um die Uhr gefragt ist. Freie Wochenenden habe ich eher selten.

Abgesehen von ihrer Besoldung können sich Professoren durch Nebentätigkeiten etwas dazuverdienen und ihr Einkommen mehren.
Schnapp: Auch da gibt es die Beschränkung, dass die Hauptaufgabe nicht leiden darf. Maximal 25 Prozent der Arbeitszeit dürfen einer Nebentätigkeit gewidmet werden. Aber als Politologe, Anglizist oder generell als Geisteswissenschaftler ist die nachgefragte und bezahlte Expertise nicht so lukrativ wie als Mediziner, Betriebswirt oder Jurist. Da ist Professor nicht gleich Professor. Die Möglichkeiten sind je nach Fachrichtung beschränkt.

Schmehl: Das ist tatsächlich das Prinzip der Nachfrage. Einige Fakultäten profitieren von finanzkräftigen Branchen, in denen ihre Dienstleistung gefragt ist, andere überhaupt nicht. Geisteswissenschaftler haben es in der Regel schwer bei solchen 'geborenen Kooperationen' aus Wirtschaft und Wissenschaft.

Man sollte also Jura- oder BWL-Professor werden, um sich in der Wirtschaft etwas dazuverdienen zu können?
Schmehl: Aus wirtschaftlichen Gründen Professor zu werden wäre natürlich gesellschaftlich fatal. In der Wissenschaft sind ja Vielfalt und Unabhängigkeit entscheidend. Und Professor wird man, weil man wissenschaftlich arbeiten möchte, mit Studenten, mit anderen Kollegen und mit Partnern in Staat und Gesellschaft. Eine leistungsorientierte Bezahlung an der Uni ist deshalb sinnvoll. Gute Leute, egal in welcher Fachrichtung, sollen gutes Geld verdienen.

Sie haben de facto keinen Vorgesetzten. Klingt paradiesisch, oder sind Sie an Vorgaben gebunden?
Schnapp: Mit der W-Besoldung gehen auch Leistungsvereinbarungen einher. Die muss man natürlich erbringen und berichten. Ansonsten sollte die Tätigkeit aus 45 Prozent Lehre, 45 Prozent Forschung und zehn Prozent Selbstverwaltung bestehen. Neun Semesterwochenstunden sind vorgeschrieben.

Schmehl: Als Beamter gelobt man Staatstreue und nimmt im Vergleich zu gleich qualifizierten Kollegen in der Wirtschaft schlechtere Konditionen in Kauf. Mit den Anforderungen an die Universität sind auch die Verpflichtungen der Professoren gestiegen. Vor allem muss man sich zunehmend darum kümmern, die notwendigen Ressourcen für die Arbeit zu beschaffen. Aber angesichts der Unabhängigkeit und der sozialen Absicherung als Professor ist das ein vertretbarer Kompromiss.