In einem Autokonvoi des BKA wurden die zehn Somalier gestern Abend in die Hansestadt gebracht

Hamburg. Jetzt sind die Seeräuber in Hamburg eingetroffen. Gestern, am frühen Abend, zogen zehn somalische Piraten im Untersuchungsgefängnis am Holstenglacis ein. Sie kamen ausgesprochen unspektakulär mit Wagen des Bundeskriminalamts auf dem Landweg von Amsterdam an die Elbe. Um 19.12 Uhr rollte der BKA-Konvoi vor das Haupttor des Gefängnisses, das sich jedoch nicht öffnete. Erst nach einer Wendung und an einer anderen Einfahrt fanden die drei Wagen, begleitet von einem Streifenwagen, einem Krankenfahrzeug und fünf zivilen Polizei-Limousinen aus Berlin und Hamburg den derzeit gültigen Zugang zum Knast.

Ungeachtet aller Umwege ist für die Seeräuber mit der Inhaftierung eine Konsequenz eingetreten, die sie bei Begehung ihrer Taten wohl nicht ansatzweise für möglich gehalten hatten. Für die Stadt bedeutet das Eintreffen der Somalier: Es gibt nach 400 Jahren erstmals wieder einen Piraten-Prozess. Um 14 Uhr übergaben niederländische Sicherheitsbeamte die Somalier, die am Ostermontag das Frachtschiff "Taipan" überfallen hatten und nach knapp vier Stunden von holländischen Elitesodaten überwältigt worden waren, an das BKA. Die Polizei hatte die Logistik bis ins Detail vorbereitet: Gefesselt bestiegen die Somalier die Transporter, insgesamt 27 bewaffnete BKA-Beamte nahmen neben ihnen Platz. Über Lingen und die B 213 fuhr der Konvoi auf die A 1 und dort durch Bremen im Stau nach Hamburg - eine Strecke von 400 Kilometern.

Erst Ende vergangener Woche hatten die niederländischen Gerichte entschieden, dass die Piraten nach Deutschland ausgeliefert werden sollen. Oberstaatsanwalt Wilhelm Möllers: "Die Zusammenarbeit mit den Niederländern und der Bundespolizei hat hervorragend geklappt." Noch gestern wurde dem Ersten der zehn Somalier ein Haftbefehl vorgelegt. Er ist mit seinen 15 Jahren noch nach Jugendstrafrecht zu behandeln. Die weiteren neun Männer sollen ihre Ausfertigungen, die ein Amtsgericht bereits Mitte April erlassen hatte, heute vorgelesen bekommen. Die Anklage der Staatsanwaltschaft gegen die Inhaftierten lautet auf Angriff gegen den Seeverkehr und versuchten räuberischen Menschenraub. Den Männern drohen bis zu 15 Jahre Haft.

Dass die Somalier überhaupt nach Hamburg gebracht wurden und nicht in ihrer Heimat angeklagt werden, ist in Paragraf 10 der Strafprozessordnung begründet. Darin heißt es, dass für Straftaten auf See das Gericht zuständig ist, in dessen Bereich sich der Heimathafen des jeweiligen Schiffes befindet.

Der Frachter "Taipan" der Reederei Komrowski fährt unter deutscher Flagge. Sein Heimathafen ist Hamburg. Zwei Mitglieder der Besatzung, die sich Ostern auf dem Schiff befanden, sind Deutsche. Sie werden als Zeugen aussagen, wenn der Prozess im Strafjustizgebäude am Sievekingplatz beginnt. Das wird laut Oberstaatsanwalt Möllers in naher Zukunft der Fall sein.

Nach Angaben des in London ansässigen International Maritime Bureau (IMB), das auf die Beobachtung der Kriminalität auf See spezialisiert ist, gab es im vergangenen Jahr 215 Angriffe auf Handelsschiffe vor der somalischen Küste. Weltweit wurden 409 Fälle registriert. Mehr als 110 Piraten wurde bereits in Kenia der Prozess gemacht. In Rotterdam verhandelt seit Anfang Mai erstmals auch ein europäisches Gericht gegen mutmaßliche Piraten aus Somalia.