Vom Wintersemester an erlauben Hamburger Universitäten Studieren ohne Abitur. Die Voraussetzung ist allerdings Berufserfahrung.

Hamburg. Wer kein Abitur, dafür aber eine abgeschlossene Berufsausbildung hat, soll ab diesem Wintersemester an Hamburger Universitäten studieren dürfen. Voraussetzung ist eine bestandene Aufnahmeprüfung sowie eine dreijährige Berufspraxis, wofür aber auch soziale Tätigkeiten oder die Erziehung der eigenen Kinder angerechnet werden können. Damit folgt Wissenschaftssenatorin Herlind Gundelach (CDU) einem Beschluss der bundesweiten Kultusministerkonferenz: "Ziel ist mehr Durchlässigkeit im Bildungssystem", sagte Senatorin Gundelach.

Bewerber können sich ab sofort an den Universitäten informieren. Die Aufnahmetests werden von den Hochschulen selbst gestaltet, sind also von Fach zu Fach unterschiedlich. "Es geht aber um grundsätzliche Voraussetzungen", sagte die Senatorin. Die Wahl des Faches sei frei, also unabhängig von der beruflichen Qualifikation. "Ein Heizungsinstallateur kann auch Philosophie studieren", sagte Gundelach. Das Ergebnis der Eingangsprüfung werde wie auch der Durchschnitt der Abiturnote zur Zulassung verrechnet. Das bedeutet: Abiturienten und Berufstätige konkurrieren um vorhandene Plätze. Von einem "Riesenansturm" gehe man in der Wissenschaftsbehörde jedoch zunächst nicht aus.

Die Wissenschaftssenatorin stellte auch erste Änderungen des Bachelor- und Mastersystems vor. Nach dem Bildungsstreik 2009 und Zugeständnissen von Bildungsministerin Annette Schavan (CDU) hatten sich Behörde und Hamburger Hochschulen verpflichtet, die Qualität des neuen Systems zu verbessern. Wichtigste Neuerung: Um die "Prüfungslast" zu reduzieren, legen Hochschulen nun eigenmächtig fest, ob Prüfungen zusammengelegt oder, in einigen Fällen, sogar ausgelassen werden können. Ein Schritt zu mehr Flexibilität ist auch die Vorgabe, absolvierte Leistungen bei einem Hochschulwechsel leichter und schneller anzuerkennen. Auch dürfen Juniorprofessoren prüfen, um das Personal zu entlasten.

Zurückhaltend äußerte sich die Senatorin jedoch zur Verlängerung der Bachelor-Studiengänge von bisher sechs auf acht Semester, die auch Dieter Lenzen, Präsident der Uni Hamburg, für viele Fächer fordert. "Verlängerungen liegen im Ermessen der Hochschule", sagte die Senatorin knapp.

Doch so einfach scheint die Sache nicht zu sein. "Ohne den Staat kann diese Entscheidung nicht getroffen werden", erwiderte eine Sprecherin der Uni Hamburg. Eine Verlängerung sei nur denkbar, wenn gleichzeitig das Budget erweitert oder die Zahl der Studienplätze abgesenkt würde.

Wie immer geht es also auch darum, nicht mehr Geld auszugeben. Der AStA der Uni Hamburg begrüßte die Maßnahmen zwar als richtige erste Schritte, fordert jedoch, den finanziellen Rahmen "zu gewährleisten". SPD-Hochschulpolitiker Philipp-Sebastian Kühn sagte: "Es ist gut, dass die Hochschulen die Prüfungslast reduzieren und Studienpläne entschlacken können." Dennoch blieben viele kritisierte Zustände unverändert: "Anstatt selbst Signale zu setzen, gibt die Behörde den Ball an die Hochschulen zurück." Darunter falle auch die Verlängerung der Bachelor-Studiengänge.