Die westchinesische Zehn-Millionen-Stadt ist weltberühmt wegen der Pandabären, ist aber auch eine dynamische Wachstumsregion.

Chengdu. Vor die Arbeit hat die Tourplanung am ersten Tag in der westchinesischen Zehn-Millionen-Stadt Chengdu das Vergnügen gestellt. Die Hamburger Delegation mit Ole von Beust an der Spitze besuchte am Morgen das weltweit einzige Pandabären-Aufzuchtzentrum: In dem weitläufigen Areal vor den Toren der Stadt leben 87 der seltenen Bambusfresser.

Als die Hamburger das erste Mal vor einer Gruppe von Pandas standen, konnte sich von Beust ein wenig Neid nicht verkneifen. "Die führen ein sehr gelassenes und entspanntes Leben", sagte er leicht bewundernd mit Blick auf die Bären, die träge vor den Besuchern lagen und allenfalls an einer Bambusstange kauten, und dachte dabei wohl an die politischen Turbulenzen der vergangenen Wochen zu Hause. Als ein Bär dann doch anfing, die anderen in Zeitlupe von einem Gerüst zu drücken, sagte eine Stimme aus dem Hintergrund: "Wie in der Politik." Von Beust reagierte nicht.

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Neun von zehn Pandas leben in der Provinz Sichuan. Je nach Größe und Alter fressen die Tiere zwischen 17 und 20 Kilogramm Bambus pro Tag. In Chengdu leben sie und ihre Verwandten, die wesentlich kleineren roten Pandas, in großen Gehegen. Sie sind nicht nur scheu, sondern offensichtlich auch ein wenig lebensfremd. Ihrer Liebeslust wird deswegen angeblich mit Filmen nachgeholfen, sogenannten Panda-Pornos.

Danach ging es um den eigentlichen Zweck des Abstechers nach Chengdu: Hamburg hat die ersten offiziellen Kontakte zu der westchinesischen Stadt geknüpft. Die Handelsmetropole ist Hauptstadt der Provinz Sichuan, die vor zwei Jahren von einem Erdbeben schwer getroffen wurde - 190 000 Menschen kamen dabei ums Leben. Chengdu ist aber zugleich Zentrum einer der Regionen mit der größten Wachstumsdynamik in China. Sichuan hat ein Wirtschaftswachstum von 13,8 Prozent, China von "nur" acht Prozent.

Sowohl der stellvertretende Gouverneur Wei Hong als auch Chengdus Oberbürgermeister Ge Honglin luden die Hamburger Wirtschaft ausdrücklich ein, sich in Westchina zu engagieren. So ermunterte Ge Firmen aus Hamburg, sich an Ausschreibungen für Wiederaufbauprojekte zu beteiligen.

Chengdu bildet einen scharfen Kontrast zur weltläufigen Metropole Shanghai. Die alte Hafenstadt ist bunt und spektakulär, hier in Chengdu dominiert Grau. Allerdings ist Ikea auch schon in der chinesischen Provinz angekommen. Und die kleine reiche Oberschicht, die es auch hier gibt, sorgt dafür, dass abends vor dem Hotel ein Lamborghini steht und ein Bentley vorgefahren wird. Trotzdem steht die Zehn-Meter-Statue von Mao Tse-tung wie eh und je vor dem Rathaus, umgeben von roten Blumen.

Wie groß der Nachholbedarf an internationalem Engagement ist, lässt sich auch daran zu erkennen, dass sich erst 20 größere ausländische Unternehmen in Chengdu niedergelassen haben, darunter auch Kuehne + Nagel aus Hamburg. Der Vizegouverneur lud ausdrücklich Hamburger Firmen zur Westchina-Messe im Oktober ein. "Die Gespräche waren konstruktiv, sehr konkret und boten Ansatzpunkte, von denen aus man die Zusammenarbeit intensivieren kann", sagte von Beust.

Einen sehr konkreten Einblick in das Krisenmanagement bei Katastrophen verschaffte sich Innensenator Christoph Ahlhaus beim Besuch der Polizeibehörde. Das Katastropheneinsatzzentrum der Provinz Sichuan in Chengdu, das 2005 eingeweiht wurde und beim Erdbeben am 12. Mai 2008 seine Feuertaufe erlebte, ist ein riesiger hoher Raum mit einer zehn Meter breiten und vier Meter hohen Leinwand an der Stirnseite.

Im Detail ließ sich Ahlhaus schildern, wie schnell der Krisenstab zusammengetreten war. "Innerhalb von einer Stunde saßen alle Beteiligten auf ihren Posten", sagte Junguo Zhang, stellvertretender Leiter der Abteilung für öffentliche Sicherheit. "Ich bin beeindruckt, das ist eine große Leistung bei dem Chaos, das nach den Erdstößen herrschte", sagte der Senator. Für Ahlhaus ist klar, dass Hamburg ein modernes Katastropheneinsatzzentrum benötigt. "Wir müssen zwar nicht mit Erdbeben rechnen, wohl aber mit anderen Großschadensfällen wie Sturmfluten", so der Senator. Der Zentrale Katastrophendienststab in der Innenbehörde funktioniere zwar, sei aber verbesserungsfähig. Derzeit laufen die Kostenplanungen für die Modernisierung. Der heutige letzte Tag der China-Reise steht im Zeichen der Katastrophe vor zwei Jahren. Dazu reist die Delegation in das Erdbebengebiet und besucht eine wieder aufgebaute Schule.