Christoph Ahlhaus und Antje Möller sind Koalitionspartner und müssen den Kurs von GAL und CDU in der Innenpolitik auf einen Nenner bringen.

Für feine Sorten nimmt man nur die Spitzen. Weiß schimmert der Flaum um die jungen Blätter, und es braucht viel Sorgfalt, sie langsam zu silbrig-grünen Nadeln trocknen zu lassen. Heißes (nicht kochendes!) Wasser darauf gießen, fertig ist der Grüne Tee. Der soll zudem nicht nur Fettpölsterchen abbauen, sondern auch Blutdruck senken.

Der Innensenator dürfte an diesem Heißgetränk dennoch wenig Gefallen finden. Nicht nur, dass Christoph Ahlhaus an einem perfekten Sonntag am liebsten Kaffee mit Backfisch und Remouladensoße genießt. Grüner Tee wird von Antje Möller, seiner Koalitionspartnerin aus der GAL, hoch geschätzt: Beide sitzen oft hinter verschlossenen Türen zusammen. Als Schlüsselfiguren der Koalition müssen sie erhalten, was ihre Welten trennt: Der Kurs von GAL und CDU in der Innenpolitik. Repression oder Bürgerrechte, diese Frage birgt ewigen Koalitions-Sprengstoff. Bei einem Punkt jedenfalls ist Innenexpertin Möller bei den Gesprächen im Vorteil: Grüner Tee ist ergiebig, man kann ihn oft aufgießen, ohne dass sein guter Geschmack nachlässt.

Für erneuten Krach sorgte vergangene Woche ein seit neun Jahren in Hamburg lebender Iraner. Der Regimekritiker und Buchautor saß bereits in Abschiebehaft und konnte sich nur einer Sache sicher sein: Mangelndes Interesse beim Innensenator für seinen Fall. Antje Möller zeigte Krallen und teilte nach interner "Verständigung" mit, es werde zunächst keine Abschiebungen in den von Polizeigewalt geschüttelten Iran geben.

Dieser Vorfall ist nach Ahlhaus' Vorstößen, etwa "Online-Fahndungen" und "Erfassung von Straftätern nach Nationalität", nur ein weiterer Vorbote für den Ausbruch des schwelenden Konfliktes.

Seit Ahlhaus kürzlich den Vorsitz der Innenministerkonferenz übernommen hat, werden seine Rufe nach "gesteuerter Einwanderungspolitik" und "erweiterten Befugnissen" der Polizei lauter, in den Ohren der GAL klingen sie schriller. Abwarten und Teetrinken ist vorbei. Stattdessen dürften die Passagen im Koalitionsvertrag zum Thema "Inneres" bald sehr genau studiert werden.

"Die Macht der GAL reicht in diesem Punkt nicht"

Was wie ein Konflikt wirkt, der zwischen eher linker und eher rechter Innenpolitik zwingend vorkommt, ist größtenteils unrühmliche Hamburger Tradition. Auch in rot-grünen Zeiten knirschte es in der Koalition im Politikfeld der Inneren Sicherheit. Und dennoch: In einem wichtigen Punkt unterscheidet sich der aktuelle Konflikt von dieser Vergangenheit.

Der Reihe nach: Als SPD-Innensenator Hartmuth Wrocklage 1999 eine erkrankte Kurdin abschieben ließ, gab es keine internen Verhandlungen zwischen GAL und Sozialdemokraten, sondern offenen Schlagabtausch. Laut Koalitionsvertrag waren Abschiebungen dieser Art untersagt. "Wenn wir uns in dieser Frage nicht einig sind", sagte Antje Möller, damals Fraktionschefin, zum Senat, "dann brauchen wir über die Koalition nicht mehr zu reden". Wenig später musste eine zerknirschte Antje Möller zur Frage, warum die GAL eine Verschärfung der Abschiebepraxis nicht verhindere, erklären: "Wir mussten feststellen, dass unsere politische Macht in diesem Punkt nicht ausreicht."

Von fehlender Macht hatte Antje Möller offensichtlich die Nase voll, sagte sie doch zu Zeiten der CDU-Alleinregierung: "Schwarz-Grün ist keine Option." In Hamburg habe man einen strahlenden Ole von Beust, der die Mehrheit nur knapp verpassen werde und daher ein kleines Anhängsel brauche. "Und dafür taugt die GAL definitiv nicht."

In einem Punkt dürfte sich Antje Möller damals getäuscht haben, allerdings zu ihrer Freude. Zwar hat sie nach Senator Wrocklage auch mit Senator Ahlhaus mit einem Innensenator zu tun, der sich mit zum Teil populistischen Forderungen bundesweit ins Gespräch bringen will. Doch die schnelle Einigung im Fall des Iraners zeigt auch: Senator Ahlhaus hört der GAL zu - und pragmatisch kann er auch sein.

"Wir diskutieren nicht über Befindlichkeiten"

Gerade weil GAL und CDU in grundverschiedenen innenpolitischen Welten leben, dürften die Gespräche sachlicher verlaufen als noch Ende der 1990er-Jahre. "Wir müssen nicht über Befindlichkeiten diskutieren", sagt Möller. Soll heißen: Versuchte die GAL die SPD noch in zähen Gesprächen ideologisch zu überzeugen, sehen die GAL-Innenexpertin und der CDU-Senator davon in ihren als intern gepflegten Gesprächen ab. "Im Fall des Iraners ging es um eine konkrete Problemlage, und damit um eine konkrete Lösung", sagt Möller. Pragmatischer kann sich eine Politikerin des ehemals linken Flügels der Grünen Alternativen Liste wohl kaum äußern.

Bleibt also ein nüchterner Blick in den Koalitionsvertrag. Offen ist noch ein großer Brocken: "Das Gesetz zum Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung" muss überarbeitet werden. Auf dem Prüfstand stehen vor allem Ermittlungsmethoden wie die Rasterfahndung - ein liebes Spielzeug von CDU-Senator Christoph Ahlhaus. Und ein Dorn im Auge von Justizsenator Till Steffen (GAL). Der hat nun seinerseits die Justizministerkonferenz übernommen. Der GAL-Senator könnte davon profitieren, dass im Koalitionsvertrag vereinbart wurde, dass die Hamburger Polizeivorschriften laut Verfassungsgericht überarbeitet werden müssen. Steffen ist überzeugter Bürgerrechtler - und ist ebenso überzeugt, dass die Rechtsprechung die individuellen Freiheitsrechte langfristig stärken werde. Ansonsten agiert der grüne Senator ebenfalls pragmatisch. Grünen Tee mag er übrigens nicht, schwarzen ebenso wenig: Er trinkt weißen.