Der Christdemokrat David Erkalp zählt zu den eher stillen Bürgerschafts- abgeordneten, doch an Macht fehlt es ihm nicht.

David Erkalp zählt zu den eher stillen Bürgerschaftsabgeordneten. Der Christdemokrat aus Billstedt hat in den zwei Jahren seiner Zugehörigkeit zum Landesparlament nur einmal im Plenum gesprochen. Laut Protokoll hielt Erkalp am 4. September 2008 seine bislang einzige Rede - zum Thema Universiade. Die drei Kleinen Anfragen an den Senat, die der CDU-Abgeordnete einreichte, sind auch nicht gerade rekordverdächtig.

Umso reger ist Erkalp in seiner Partei, präziser in seinem Kreisverband Mitte, zu dem Billstedt gehört. Hier hat sich der 36 Jahre alte Betriebswirt und Juwelier in kurzer Zeit eine beachtliche Hausmacht aufgebaut. Jüngstes Indiz: Constance Manzke legte in dieser Woche überraschend ihr Amt als stellvertretende Vorsitzende der Bezirksversammlung Mitte nieder. Nachfolger soll Joseph Ilcin werden, Vize-Chef der Billstedter CDU und einer der engsten Vertrauten Erkalps. Ilcin ist zudem Mitarbeiter des Bürgerschaftsabgeordneten Erkalp. Hier steckt offensichtlich einer zielgerichtet sein Terrain ab.

Für Furore sorgte Erkalp erstmals im Januar 2006: Nach einem von ihm initiierten Masseneintritt von 88 Mitgliedern der aramäischen Gemeinde, der er selbst angehört, wurde er flugs zum Chef der CDU Billstedt gewählt. Aramäer sind syrisch-orthodoxe Christen, die traditionell im Nahen Osten und der Türkei leben.

Mit einem Schlag hatte Erkalp die Mehrheitsverhältnisse in dem beschaulichen Ortsverband auf den Kopf gestellt. Erkalp-Vorgänger Niels Quistorff verließ seine politische Heimat und suchte Asyl bei den Parteifreunden in Winterhude, andere folgten. Auch Constance Manzke war einst Billstedterin und gehört jetzt der CDU Rothenburgsort an. Der Ehrgeiz des jungen Aramäers reicht jedoch weiter als bis an die Grenzen Billstedts.

Bereits 2007 wurde Erkalp stellvertretender Kreisvorsitzender der CDU Mitte. Sein Prinzip ist einfach und zählt in der Politik zu den verbreitetsten Methoden, um an die Macht zu kommen: Erkalp sammelt Mitglieder, die ihm gewogen sind. Vor drei Jahren schon hatte die Billstedter CDU 250 Mitglieder, inzwischen sind es mehr als 300. Mit anderen Worten: An Erkalp führt in der CDU Mitte kein Weg mehr vorbei.

Die logische Folge war der Einzug in die Bürgerschaft 2008. Im Jahr darauf trat er als Direktkandidat in Mitte bei der Bundestagswahl an, konnte sich aber nicht durchsetzen. Manchen fiel auf, dass überraschend viele Unions-Plakate das Konterfei des Listenkandidaten Christoph de Vries zierten, zugleich Kreisvorsitzender, nicht aber das Bild Erkalps. Nicht allen Christdemokraten in Mitte war dessen rasanter Aufstieg offenbar recht.

Doch Erkalp ficht das nicht an: Es gilt als offenes Geheimnis, dass er im Mai den Posten des Kreisvorsitzenden erobern will. Amtsinhaber de Vries ist ein Mann des Ausgleichs, dem eher zugetraut wird, nach einem Kompromiss zu suchen als es auf eine Kampfkandidatur ankommen zu lassen. Doch Parteifreunde zählen schon die Ortsverbände, die fest an der Seite Erkalps stehen: Abgesehen von Billstedt sollen das St. Pauli, Horn und Finkenwerder sein.

Erkalp wäre der erste Hamburger CDU-Kreischef mit Migrationshintergrund, so wie er vor vier Jahren der erste Ortsverbandschef und später der erste Bundestags-Direktkandidat mit diesem Etikett war.

Sollte ihm der Sprung an die Spitze gelingen, wäre sein Gegenspieler bei der SPD der Bundestagsabgeordnete Johannes Kahrs. Auch innerparteiliche Gegenspieler sagen dem Verteidigungsexperten ein außerordentliches strategisches Geschick nach. Schon mehrfach hat Kahrs versucht, seinen Einflussbereich, zumindest indirekt, ein Stück weit auszudehnen. Zuletzt allerdings nicht mit durchschlagendem Erfolg.

Bei der Bundestagswahl im vergangenen Jahr war Danial Ilkhanipour als SPD-Direktkandidat in Eimsbüttel krachend durchgefallen. Ilkhanipour entstammte ursprünglich der Mitte-SPD von Johannes Kahrs, hatte sich aber ein Stück weit von seinem politischen Ziehvater emanzipiert. Kahrs hat zwar stets dementiert, dass er bei der Ilkhanipour-Kandidatur die Fäden gezogen hat, und doch: Um Direktkandidat zu werden, musste Ilkhanipour mit recht robusten Methoden den damaligen Eimsbütteler SPD-Bundestagsabgeordneten Niels Annen aus dem Feld schlagen. Annen wiederum war als Exponent des linken Parteiflügels Gegenspieler von Kahrs. Bei linken SPDlern gilt bis heute als ausgemacht, dass Kahrs hinter der Ilkhanipour-Kandidatur steckte.

Vielleicht haben aufmerksame Beobachter auch deswegen jetzt registriert, dass der Bürgerschaftsabgeordnete Metin Hakverdi Anstalten macht, Ex-Bürgermeister Hans-Ulrich Klose als Bundestagsabgeordneten von Harburg / Bergedorf zu beerben. Der 73 Jahre alte Klose hat erklärt, nicht noch einmal antreten zu wollen. Hakverdi entstammt der SPD Wilhelmsburg, die einerseits zu Kahrs' Mitte-SPD gehört. Andererseits zählt die Elbinsel bei Bundestagswahlen zum Wahlkreis Harburg / Bergedorf .

Vor zwei Jahren noch gab es zwischen Kahrs und Hakverdi kein herzliches Einvernehmen. Da gelang dem Wilhelmsburger nur durch die hohe Zahl von Erststimmen der Einzug in die Bürgerschaft, denn er war auf der SPD-Liste des Kahrs-Kreisverbands nicht abgesichert. Doch inzwischen soll sich das Verhältnis der beiden deutlich entspannt haben.

Hakverdi hätte allerdings gewichtige Gegenspieler, denn den Kreischefs Ties Rabe (Bergedorf) und Frank Richter (Harburg) werden ebenfalls Ambitionen auf eine Bundestagskandidatur nachgesagt.

Eins ist aber schon jetzt klar: Kahrs und Erkalp sind sich beim Ringen um Macht vielleicht gar nicht unähnlich.