Es war eine schwere Woche für grüne Grundsätze. Doch die Grünen sind nicht nur auf dem falschen Fuß erwischt worden.

Ruhe vor dem Sturm stellt man sich anders vor. Laster rumpeln durch die Stresemannstraße in Altona, so wie immer, und man ahnt nicht, dass sich hier am 24. April Tausende Menschen an den Händen halten sollen: Bei der Aktion "Kettenreaktion" wollen Atomkraftgegner eine kilometerlange Schlange zwischen den Reaktoren Krümmel und Brunsbüttel bilden. Auch die GAL unterstützt diese Aktion. Aber dass über diese Wege beinahe täglich Urantransporte rollen, kürzlich sogar ein schrottreifer Laster erst bei Bremen gestoppt wurde, ließ die Grünen ziemlich kalt: Abgesehen vom Hinweis, dass diese Transporte in Berlin genehmigt werden, man also wenig Spielraum habe, war in der Öffentlichkeit nichts zu hören - und das von einer Partei, die sich als Spitze der Anti-Atomkraftbewegung versteht.

Haben die GALier ihr Kernthema schlicht aus den Augen verloren? Seit die Primarschulgegner vergangene Woche den Volksentscheid im Sommer angemeldet haben, halten Planungen für eine grüne Kampagne die Parteispitze fest im Griff. Und auch sonst war es eine schwere Woche für grüne Grundsätze. Unter GAL-Justizsenator Till Steffen hat sich ein Häftling in Abschiebehaft das Leben genommen. Und ausgerechnet beim vehementen Transparenz-Verfechter Steffen kam es zu Widersprüchen: Anfänglich hatten Psychologen nämlich eine Suizidgefahr bei dem Georgier nicht ausgeschlossen, was die Justizbehörde zunächst aber nicht bekannt gegeben hatte.

"Die Grünen schwächeln schon lange"

Doch die Grünen sind nicht nur auf dem falschen Fuß erwischt worden: Sowohl hinter der Atomdebatte als auch dem Suizid in Abschiebehaft verbergen sich ältere Konflikte, deren Pole nicht unterschiedlicher sein könnten: Im einen Fall sind es Anti-Atomkraftaktivisten, im anderen Fall ist es der Regierungspartner CDU.

Der Reihe nach: "Mit großem Ärger" sei die Nachricht des verrosteten Transporters in der Spitze der Umweltbehörde aufgenommen worden, während Senatorin Anja Hajduk im Urlaub war. Man will nun mit den Kollegen der Innen- und Gesundheitsbehörde über "Verbesserungen" der Kontrollen nachdenken. Wer aber denkt, mehr könne die GAL aus Rücksicht auf die atomfreundliche CDU nicht sagen, liegt falsch: Schon vor zehn Jahren, in Koalition mit der SPD, sagte GAL-Umweltsenator Alexander Porschke zum Thema Urantransporte: "Weder ich noch andere Stellen haben dazu eine Zuständigkeit, die Genehmigungen erteilt das Bundesamt für Strahlenschutz." Hintergrund ist die Strategie, sich auf die Abschaltung der Meiler zu konzentrieren. "Ohne AKWs auch keine Transporte", sagt auch Landeschefin Katharina Fegebank.

Aber muss die GAL deshalb schweigen, wenn zwölf Tonnen Uranhexaflourid auf einem verrosteten Transporter durch die Stadt fahren? Sogar die grüne Basis scheint darüber nicht verstimmt zu sein - kein Murren ist zu vernehmen. "Die GAL schwächelt in diesem Bereich schon lange", sagt Norbert Hackbusch (Linke). Der ehemalige GALier gründete nach seinem Austritt die Abspaltung "Regenbogen", die auch in Bürgerschafts-Zeiten nicht zögerte, Transparente vor den Rathausbalkon zu spannen. Nun treibt Hackbusch die Atomkraft-Proteste mit der Linken voran, die akribisch Daten sammelt. Ein Signal des Senats wäre aber durchaus möglich: So erklärte Bremen kürzlich, es lehne radioaktive Transporte ab - was aber nicht bindend ist.

Tauziehen mit Happy End für die GAL

Die rot-grüne Landesregierung in Bremen ist allerdings frei von Verpflichtungen gegenüber der Regierung in Berlin, beide Partner sind Oppositionsparteien. Deshalb können die Grünen im Bund auch freier aufspielen und setzen nach dem Tod des jungen Georgiers in Abschiebehaft ihren Parteifreund GAL-Justizsenator Till Steffen unter Druck.

Der flüchtlingspolitische Sprecher, Josef Winkler, fordert, dass Hamburg seine Vorbehalte gegen die UN-Kinderrechtskonvention aufgibt. Folge wäre, dass minderjährige Ausländer ab 16 Jahren in Hamburg nicht mehr wie Erwachsense behandelt werden dürfen - und somit nicht in Abschiebehaft genommen werden. Pikant: Der verstorbene Georgier wurde von der Behörde als 17-jähriger geführt und hätte dann nicht ins Gefängnis gebracht werden dürfen.

Wer Senator Steffen kennt, weiß, dass er schon lange hinter den Kulissen dafür kämpft, dass Hamburg seine Vorbehalte gegen die UN-Konvention im Bundesrat aufgeben soll. Das Tauziehen mit Innensenator Christoph Ahlhaus (CDU) führte bisher zur Enthaltung Hamburgs, was wie eine Ablehnung wirkt. Das soll laut Justizbehörde nun aber geklärt sein: Hamburg werde nun für die Konvention stimmen. So gibt es für die GAL doch noch ein Happy End in dieser Woche.