SterniPark droht eine Niederlage in dem Streit um die Größe der Kita Reventlowstraße. Dort will SterniPark 60 statt 22 Kinder betreuen.

Hamburg. Es war ein Versprecher, der tief blicken ließ. Rechtsanwalt Tim Burkert sprach von den Kindern, die in der Kita an der Reventlowstraße "bedroht" werden - er meinte natürlich "betreut" und erklärte den Fauxpas vor dem Hamburger Verwaltungsgericht gleich als "freudsche Fehlleistung". Burkert vertritt SterniPark, den Betreiber der Kita an der Reventlowstraße. Sein verbaler Ausrutscher bringt die tiefen Sorgen seines Mandanten auf den Punkt - seit Donnerstag erst recht: seitdem das Verwaltungsgericht durchblicken ließ, dass es die Klage von SterniPark in Sachen Kita Reventlowstraße wohl abweisen wird. Dort will SterniPark 60 statt 22 Kinder betreuen.

SterniPark-Chefin Leila Moysich steht im Flur des Gerichtsgebäudes die Enttäuschung ins Gesicht geschrieben. Sie halte die Kita-Versorgung in bestimmten Wohngebieten Hamburgs für bedroht, sagt Moysich. Der Frust sitzt tief. 2008 hatte das Bezirksamt Altona die Nutzung der alten Villa an der Reventlowstraße für 60 Krippenkinder sowie einen zweigeschossigen Anbau genehmigt. Doch der zu erwartende Lärm durch spielende Kinder brachte die Anwohner in Harnisch - sie klagten und siegten im Eilverfahren. SterniPark rückte darauf von seiner ursprünglichen Planung ab und reduzierte die Zahl der Krippenplätze auf 32. Doch auch gegen diese abgespeckte Kita legten die Anwohner erfolgreich Beschwerde ein. Schließlich gab auch das Bezirksamt dem Widerspruch der Nachbarn gegen die ursprüngliche Baugenehmigung statt - dagegen hatte SterniPark geklagt.

+++ Das ist der Verein SterniPark +++

Das Problem: Das Kita-Grundstück liegt in dem Bereich eines Baustufenplans von 1955, der das Areal als "besonders geschütztes Wohngebiet" ausweist. In solchen Wohngebieten, urteilte das Oberverwaltungsgericht, ist eine Kita nur unter wesentlichen Einschränkungen zulässig. Es dürfe lediglich eine "kleine, nicht störende Einrichtung" für maximal 22 Krippenkinder betrieben werden.

Es sind vor allem baurechtliche Fragen, die das Gericht am Donnerstag thematisiert, es geht gar nicht mal darum, ob und wie viel Lärm die Kinder machen könnten. Es geht darum, dass eine Kita, zumindest in der Größenordnung von 60 Kindern, nicht in den Baustufenplan passt. So hat es das Oberverwaltungsgericht gesehen, so sieht es auch die Kammer des Verwaltungsgerichts. Rechtsanwalt Burkert dringt da mit seiner Argumentation, durch Auflagen wie eine strikt einzuhaltende Mittagsruhe und geregelte An- und Abfahrtzeiten der Eltern ließe sich den Belangen der Anwohner Rechnung tragen, nicht durch.

In zwei Wochen wird die Kammer das Urteil verkünden. SterniParks Hoffnung, dass das Gericht die alte Baugenehmigung zulässt, geht gegen null. "Das wird ein schwarzer Tag für die Kinder und Kitas", sagt Leila Moysich. "Die Entscheidung würde dem Ziel von Bund und Ländern, mehr für Familien zu tun, zuwiderlaufen." Allein für die Kita Reventlowstraße hätten sich mehr als 100 Kinder beworben. Moysich befürchtet nun, dass der gerichtliche Beschluss zur Generallinie für die Bezirksämter bei ähnlichen Bauvorhaben wird. "Doch wenn Kitas mit 22 Plätzen in besonders geschützten Wohngebieten die Regel werden, wäre das eine Katastrophe", sagt Moysich. "Zudem sind sie schlicht unrentabel."

Dabei könnte sich der Rechtsstreit um die Reventlowstraße quasi von Amts wegen erledigen - das Bezirksamt Altona hat ein Bebauungsplanverfahren angestoßen, mit dem das besonders geschützte Wohngebiet in ein allgemeines umgewandelt werden könnte. Dann entfiele zumindest ein Teil der Restriktionen. "So wird auch die Kita eine andere Größenordnung haben", sagte Bezirksamtssprecherin Kerstin Godenschwege. "Guter Ansatz, aber der allein reicht nicht", sagt SPD-Familienexpertin Carola Veit. "Es müssen mehr Bebauungspläne auf den Prüfstand, jeder Bezirk muss genau wissen, wo künftig Kitas gebraucht werden." SterniPark wird bei einer Klageabweisung versuchen, den Fall per Sprungrevision direkt vor das Bundesverwaltungsgericht zu bringen. Moysich: "Wir wollen endlich Rechtssicherheit."