Die beiden Mitglieder des Direktoren-Kollegiums geben als Begründung “Störungen in der Kommunikation mit dem Vorstand“ an.

Hambug. Neuer Wirbel im Universitätsklinikum Eppendorf (UKE): Gestern legten die beiden Kollegiumssprecher, Professor Ansgar Lohse und Professor Christoph Wagener, ihre Ämter mit sofortiger Wirkung nieder. Das Kollegium ist eine Versammlung aller Klinikdirektoren, Institutsdirektoren und Abteilungsdirektoren im UKE. Die jeweils für zwei Jahre gewählten Sprecher laden einmal monatlich zu einem Treffen, bei dem aktuelle Themen diskutiert werden. Neben Transparenz und gegenseitiger Achtung ist dem Gremium, laut Satzung, "die Einbindung des Vorstandes in die Diskussionsprozesse wichtig".

Wie weit diese Einbindung bei all den Problemen nach dem Umzug ins neue Klinikum zuletzt noch gegeben war, lässt sich nur erahnen. Als Begründung für den überraschenden Rücktritt von Professor Lohse, Direktor der Klinik und Poliklinik I sowie des Zentrums für Innere Medizin, und Professor Wagener, Direktor des Instituts für Klinische Chemie und der Zentrallaboratorien, ist in dem Rücktrittsschreiben von "Störungen in der Kommunikation zwischen Mitgliedern des Kollegiums und dem Vorstand" die Rede. Lohse und Wagener wollten sich gegenüber dem Abendblatt gestern nicht zu den Beweggründen ihres Rücktritts äußern, aber womöglich hängt der Schritt auch mit der Datenaffäre im UKE, die jüngst den Wissenschaftsausschuss der Bürgerschaft beschäftigt hat, zusammen.

Zur Erinnerung: Nachdem Professor Jörg F. Debatin am 30. Oktober 2009 auf einer Klausurtagung den rund 80 Führungskräften eine UKE-kritische Stellungnahme präsentiert hatte, war die Frage aufgetaucht, wie der UKE-Chef an das brisante Dokument gelangt war. Auch Hamburgs oberster Datenschützer, Professor Johannes Caspar, konnte nach Prüfung vor Ort im Dezember in der Klinik nicht mehr klären, ob es im UKE einen "illegalen Zugriff auf vertrauliche Daten von Mitarbeitern" gegeben hat. Er stellte nur fest, dass dieses mit der verwendeten Software namens "Dameware" möglich gewesen wäre, auch wenn es sich bei ihr "ausdrücklich nicht um eine Spionagesoftware" handeln würde.

In dem Rücktrittsschreiben der beiden Kollegiumsvertrauten ist nun von "Misstrauen und einer fehlenden Offenheit und Ehrlichkeit im gemeinsamen Diskurs" die Rede. Nach wie vor würden im UKE "Sachprobleme personalisiert". Und als Beispiel für eine "von Spekulationen und Vorwürfen geprägten Gesprächskultur" wird eben dieses "am 30.10. gezeigte berüchtigte kritische Dokument" erwähnt. Wäre es, so schreiben Lohse und Wagener, "tatsächlich zuvor über einen Stick aus dem Sekretariat Lohse in die Hände des Vorstandsvorsitzenden gelangt, wäre es dann nicht selbstverständlich gewesen, Herrn Lohse darauf direkt anzusprechen, statt ihn vier Monate später vor allen Klinikdirektoren erstmalig damit zu konfrontieren?" Und weiter: "Wir glauben, dass es gerade diese Formen der Kommunikation sind, die Probleme des UKE eher verschärfen, da Probleme in der Sache aus Furcht vor persönlichen Anschuldigungen und Sanktionen nicht oder nicht im adäquaten Rahmen geäußert werden."

Der Vorstand des UKE nahm den Rücktritt nach eigenen Worten "als Ergebnis eines kollegiumsinternen Meinungsbildungs-prozesses zur Kenntnis". Zu dem Rücktrittsschreiben sagte Professor Dieter Naber, der dem Kollegium bis zur Sprecherwahl vorsitzt: "Die Inhalte des Schreibens sind als individuelle Meinungsäußerung zu verstehen und repräsentieren nicht die Sichtweise der Kollegenschaft am UKE." Und UKE-Chef Professor Jörg F. Debatin erklärte: "Zum Selbstverständnis einer Universität gehört die kritische und auch kontroverse Diskussion. Genauso selbstverständlich muss es sein, dass diese Diskussion offen, fair und wahrheitsbezogen geführt wird." Auf dieser vom Vorstand gelebten Basis werde sich das UKE in Zukunft ebenso erfolgreich weiterentwickeln wie in den vergangenen Jahren. In einer Sondersitzung am 20. April sollen jetzt zwei neue Sprecher des Kreises der rund 60 Instituts- und Klinikdirektoren des Universitätsklinikums Eppendorf gewählt werden.