Weil in einem Lokal zweimal Konzerte von Bands mit rechten Anhängern stattfanden, demonstrierte der ganze Ort.

Sie marschieren um halb zwölf vormittags an der Kirche am Nehusweg los, die Demonstranten in Moorburg. Deswegen kann man ihren Protest durchaus eine Prozession nennen, obwohl er doch eigentlich eine Demo sein soll und ab zwölf auch offiziell ist. Am Feiertag darf erst zur Mittagszeit demonstriert werden - Ordnung muss sein, und deswegen heißt die Demo eben nach dem ordnungstechnischen Begriff zunächst "Prozession", obwohl doch sowieso beinah niemand da ist, den die Demonstranten stören könnten. Schließlich ist das ganze Dorf auf den Beinen, gefühlt zumindest.

Banner und Plakate werden erst mal nicht hervorgeholt, als sich die Moorburger vor dem Gotteshaus sammeln. 250 sind gekommen, um gegen die Veranstaltungen im Ort zu demonstrieren, die zuletzt zweimal stattgefunden haben und für viel Ärger in dem Örtchen gesorgt haben, das in der jüngeren Vergangenheit durch den Bau des Kohlekraftwerks in den Schlagzeilen war. Im Vereinslokal Im alten Moorkathen spielten die Bands "Notlösung" und "Kategorie C - Hungrige Wölfe". Die Bands sind in der Neonazi-Szene äußerst beliebt. Rund 500 Fans aus der rechten Szene fanden sich vor wenigen Wochen zu dem zweiten Konzert Im alten Moorkathen ein, begleitet von zwei Hundertschaften der Polizei.

"Moorburg darf nicht den Ruf bekommen, rechts zu sein", sagt Demo-Teilnehmerin Angelika Gardiner, die eifrig Zettel verteilt, auf denen der Text des Evergreens "Sag mir, wo die Blumen sind" abgedruckt ist. Das werden die Demonstranten später vor dem Moorkathen singen. Alte und Junge sind gekommen, Anzugträger und Alternative, Fahrradfahrer und Autolenker. Alle sind sie aus Moorburg. Sie zeigen Zivilcourage. "Nazis haben hier nichts zu suchen", hört man immer wieder aus den Reihen der Marschierenden. Versuche, mit dem Wirt zu reden, gab es - sie waren vergebens.

Obwohl namentlich die letzte Band, die in Moorburg auftrat, wegen ihrer gewaltverherrlichenden Lieder besonders in der rechten Szene beliebt ist, hält der Hamburger Verfassungsschutz die Band für "nicht rechtsextrem". Ein Verbot des Konzerts sei deshalb rechtlich nicht möglich gewesen, da die Band selbst kein rechtsextremistisches Gedankengut verbreite, so die Innenbehörde. Das Gebäude, in dem die Gaststätte ist, gehört der Stadt und wird von der Saga verwaltet. "Das ist rufschädigend für uns und für Moorburg", sagte ein Sprecher der Saga. Auch die Parteien waren auf die Veranstaltung aufmerksam geworden. Die SPD und die Linke stellten Kleine Anfragen an den Senat. In der Antwort heißt es, die Saga habe den Wirt schon im März 2009 abgemahnt und im Falle der Wiederholung eine fristlose Kündigung angedroht. Die Drohung wurde nun wahr gemacht: Nach dem zweiten Konzert vor wenigen Tagen kündigte das Wohnungsunternehmen dem Wirt. Der wollte mit dem Abendblatt nicht reden, "das ist ein offenes Verfahren, meine Anwälte kümmern sich darum", sagte er. Er sei traurig, dass aus dem Konzert, "bei dem überhaupt nichts war", ein Problem gemacht werde. Konzerte will er künftig als Open Airs veranstalten.

Geht es nach den Moorburgern, wird es dazu nicht kommen: "Wer Gewalt verherrlicht, wer Neonazis erlaubt, hier aufzutreten, der hat hier nichts verloren", ruft Organisator Manfred Brandt den Teilnehmern bei der kleinen Kundgebung zu. "Durch unsere Demonstration setzen wir ein Zeichen." Der Appell der Moorburger an die Stadt: "Neonazi-Veranstaltungen, egal, ob öffentlich oder privat, müssen verboten werden."