Mit "Erleichterung und einem neuen Blick auf die Armut" endet für Pastorin Margrit Sierts (47) und ihre Kinder eine ungewöhnliche Fastenaktion: Mit rund 30 weiteren Familien aus Harburg und Neugraben haben sie einen Monat lang von Hartz IV gelebt.

"Das Geld reicht nicht - trotz extremer Einschränkungen", stellt Margrit Sierts fest. Nachdem sie von dem errechneten Regelsatz für ihre Familie (940 Euro) feste Kosten wie Strom, Telefon, Fahrkarten und Versicherungen abgezogen hatte, blieben zum Leben noch 428 Euro übrig: 13,80 Euro am Tag - für drei Personen. Das bedeutete, auf viele alltägliche Gewohnheiten zu verzichten: auf die tägliche Schokolade für sie und das Bier, das Tochter Lena (21) gern mal am Wochenende in der Kneipe trinkt, auf den Kauf von frischem Brot und Gemüse, einen Kinobesuch oder einer Karte für ein Spiel von St. Pauli, ihrem Lieblingsverein. Einkaufslisten wurden unterteilt in "was brauchen wir?" und "was wäre schön?" Doch: "Was übers Sattwerden hinausging war nicht drin", sagt Margrit Sierts. "Manchmal haben wir beschlossen, lieber gar nicht als schlecht zu essen." Die Folge: Ihr Sohn wurde dünner, sie selbst hatte häufig schlechte Laune.

Ein großer Schreck war ein Unfall in der Schule, bei dem sich Marek (13) nicht nur am Fuß verletzte, sondern auch der Schuh kaputt ging. Im Krankenhaus dann ein Schild, auf dem die Patienten darauf hingewiesen wurden, dass sie 10 Euro Praxisgebühr zu zahlen hätten. "Glücklicherweise nicht für Kinder", sagt Margrit Sierts. "Das hätte unser enger Finanzplan wohl kaum erlaubt." Auch neue Schuhe waren nicht drin, ebenso wenig ein neuer Wasserkocher, nachdem der alte seinen Geist aufgegeben hatte. "Uns war bewusst, dass wir Schuh und Küchengerät nach der Fastenzeit ersetzen können", sagt die Pastorin. "Das war schon sehr beruhigend." Es müsse schlimm sein, wenn eine solche finanzielle Beschränkung ein Dauerzustand sei. Doch eigentlich fanden die Sierts die von den Stadtteildiakonien Harburg und Neugraben organisierte Fastenaktion "sehr heilsam". "Man sieht mal, wie anspruchsvoll man eigentlich ist und wie locker einem das Geld in der Tasche sitzt."