An keinem anderen Abend im Jahr haben Journalisten die Möglichkeit, der Politik so deutlich zu sagen, was sie von der Regierungsarbeit halten.

Hamburg. Jahresempfang der Landespressekonferenz (LPK) im Hotel Grand Elysée. Der LPK-Vorsitzende Jürgen Heuer (NDR "Hamburg Journal") nutzte gestern Abend die Gelegenheit und ließ vor den rund 400 Gästen aus Politik, Medien und Gesellschaft kein Problemfeld der schwarz-grünen Koalition aus.

Ob Elbphilharmonie, Schulreform, Finanzkrise, Schlaglöcher, die Frage nach dem Kronprinzen - dem potenziellen Nachfolger von Bürgermeister Ole von Beust (CDU): Heuer fand eine humoristische, zum Teil bissige Art, die Dinge auf den Punkt zu bringen. So rief er Kultursenatorin Karin von Welck (parteilos) wegen der immer weiter steigenden Kosten der Elbphilharmonie zu: "Wir werden weiter mitzählen, wie teuer es noch wird, und trotzdem werden wir die ersten Konzerte genießen - vielleicht ja sogar noch in diesem Jahrzehnt, Frau Senatorin."

Aber es gab auch Dank für die Politik: So habe die Diskussion zur Schulreform den Journalisten eine "neue Seite" der Politik gezeigt. "Wie oft beklagen wir Journalisten uns, dass die Politik nicht mutig genug ist." Nicht so bei der Schulreform: "Da riskiert die CDU sogar, die eigenen Anhänger zu vergraulen."

Aber nicht nur der Senat bekam sein Fett weg. Olaf Scholz, alter und neuer Parteichef der Hamburger SPD, durfte sich mit seinem Satz: "Wer Führung bestellt, bekommt sie auch" zitieren lassen. Heuer: "Woanders wäre das eine Drohung, in der SPD gilt das als Zeichen herzlicher Zuneigung."

Bürgermeister Ole von Beust nahm das Rede-Duell wie immer gekonnt auf: "Bei der Frage nach dem Kronprinzen habe ich mich gefragt, welche Rolle ich im englischen Königshaus am liebsten übernommen hätte. Es wäre Queen Mom", so von Beust. "Fast unsterblich über allem erhaben, und keiner hat sich getraut, einen Gedanken daran zu verschwenden, was ist, wenn sie nicht mehr da ist."

Auch ernste Worte fand der Regierungschef. Mit Blick auf das abgesagte Alstereisvergnügen sagte er: "Politik muss neben dem Happening ruhig und gelassen auch unpopuläre Entscheidungen treffen. Das ist keine Frage von Mut, sondern von Verantwortung." Eine Verantwortung, die er sich auch im Verhältnis von Politik und Journalisten wünsche.