Der März peitscht Regen über die Stadt. Von Frühling noch nichts zu spüren. Die Vorhersage lässt auch nichts Gutes erwarten.

Hamburg. Wenn man aus der Haustür kommt, das Auto verlässt oder aus dem U-Bahn-Schacht nach oben tritt und dann diese neue Luft wahrnimmt: nicht mehr eisig, schneidend, klirrend. Sondern milder, behaglicher. Wenn die Tage sich Teile der Nächte einverleiben, wenn die Geräusche andere werden: Dann hat sich der Winter verzogen. Die winzigen Eisreste schmelzen auch noch weg. Endlich ist das ewige, quälende Thema perdu, und verfrorene, verspannte, mies gelaunte, gramgebeugte Mitteleuropäer in norddeutscher Ausführung fühlen sich wie neugeboren, leben auf, jubilieren, tirilieren, kurz: Ihnen scheint die Sonne aus dem Allerwertesten.

So weit die Idealvorstellung. Nun ist es aber so, dass der glorreiche Moment - das Herauskommen aus der Wohnung, die sinnlichen Sensationen, das Anschlagen des ganzen Selbstsystems auf lumpige paar Grad über null - sich als sehr flüchtiger Augenblick herausstellt. Und die Sonne ist gleich mal gar nicht zu sehen. Im Gegenteil peitscht der März erst mal schön Regen über die Stadt, als wolle er unsere Hoffnungen und Sehnsüchte, die noch nie zu einer solch lauten Sinfonie anschwollen wie nach diesem Rekordwinter, mit seinem Prasseln und Pfeifen aus dem Takt bringen. Jubeln tut jedenfalls jetzt keiner mehr. Besonders angesichts der Vorhersage: Schmuddelwetter satt, original hamburgisch.

Danke dafür.

Wir sind auf Glatteis direkt vom Schnee in den Regen gerutscht. So bleibt zunächst keine andere Möglichkeit, als auf die kalendarische Ankunft des lieben Lenzes zu warten. Frühlingsanfang ist am 20. März. Braucht niemand zu denken, er hätte sich UV-Streicheleinheiten und freundlich gestimmte Temperaturen vorher verdient, nur weil das Wetter so lange kalt aufgelegt war. Vielleicht hilft das Anbeten eines Wettergottes. Wer's gar nicht mehr aushält, wer vom Sonnenlichtmangel schon zittrige Hände bekommt, der übe sich meditativer Geduld. Und sammle sich für den Tag, wenn er denn kommt: den Tag mit 20 Grad und blauem Himmel. Bald wird er da sein. Ganz bald.