SPD-Schulexperte Ties Rabe: “Wir werden die Senatsfraktionen unterstützen, weil wir das geänderte Schulgesetz für richtig halten“.

Hamburg. Gut vier Monate vor dem Volksentscheid zur Schulreform hat die SPD-Bürgerschaftsfraktion den "Wahlkampf" eröffnet und sich klar an die Seite der schwarz-grünen Koalition gestellt. "Wir werden die Senatsfraktionen unterstützen, weil wir das geänderte Schulgesetz für richtig halten", sagte SPD-Schulexperte Ties Rabe gestern. Ausdrücklich appellierte Rabe an CDU und GAL, die Reformgegner nicht als Gucci- und Porschefraktion aus den Elbvororten zu brandmarken: "Wer diesen Wahlkampf gewinnen will, darf das nicht mit Klassenkampfattitüde versuchen. Der Senat muss auf die Bürger zugehen und die Gräben zuschütten."

Nachdem die Volksinitiative "Wir wollen lernen" 184 500 Unterschriften gegen die Schulreform gesammelt hatte, will sie nun vermutlich am 18. Juli die Bürger über die Reform abstimmen lassen. Da CDU und GAL die Initiative nicht zum Verzicht auf diesen Volksentscheid bewegen konnten, hatten sie mit SPD und Linkspartei einen Schulkompromiss ausgehandelt. Er beinhaltet den Erhalt des Elternwahlrechts, die Abschaffung des Büchergeldes, die Verkleinerung der Schulklassen sowie das Angebot, das neue Schulsystem aus sechsjähriger Primarschule sowie Stadtteilschule und Gymnasium zehn Jahre lang unangetastet zu lassen.

Trotz der Zustimmung zu diesem "Schulfrieden" sparte Rabe nicht mit Kritik an der schwarz-grünen Schulpolitik und nannte "Bedingungen", an welchen "organisatorischen und finanziellen Problemen" bis zum Volksentscheid noch gearbeitet werden müsse. Ungeklärt sei etwa, wie allein die Grundschulen in den nächsten drei Jahren rund 28 000 Kinder mehr unterbringen sollen. Es fehle an Bau- und Zeitplänen, nicht einmal der Raumbedarf sei ermittelt.

Unklar sei auch die Finanzierung der Reform. Zwar sei mit dem "Sondervermögen Schulbau" ein "Schattenhaushalt", so Rabe, mit einem Volumen von drei Milliarden Euro geschaffen worden. Der beinhalte aber noch nicht die Kosten für die Schulreform. Die schätzt der SPD-Politiker auf 400 bis 500 Millionen Euro - während die Behörde von 190 Millionen spricht.

Zudem gebe es an der Hälfte der Stadtteilschulen noch keine Perspektive für eine eigene Oberstufe, das Problem der Primar- und Stadtteilschulen mit mehreren Standorten (Rabe: "seltsame Hamburgensie") sei ungelöst, ebenso die Frage der Integration von Kindern mit Förderbedarf, die Zukunft des Gastschulabkommens mit Schleswig-Holstein sowie die Probleme mit den zwei Abiturjahrgängen, die im Sommer die Schulen verlassen. Überlegungen, die Vorschule zugunsten des letzten Kita-Jahres abzuschaffen, erteilte Rabe eine Absage. Beide würden von je 7000 Kindern besucht und hätten ihre Berechtigung.