160.000 Gullys gibt es insgesamt in Hamburg. Bei plötzlich einsetzendem Tauwetter können Überschwemmungen drohen.

Hamburg. Ole Lange sprengt mit seinem Presslufthammer eine Vier-Meter-Schneise in den Eispanzer im Rinnstein. Sein Kollege Ronald Wunderlich hilft die Eisscherben auf die Seite zu schippen. So wie die beiden sind jetzt rund 400 Beschäftige der Stadtreinigung und 130 Arbeiter von Hamburg Wasser auf den Straßen unterwegs. Nach Minuten kommt der Gully ans Tageslicht. Mit einer Stange, von den Männern "Eiserner Baum" genannt, durchsticht Karl-Heinz Landau das Eis im Gitter. Carlo Busch hatte zuvor mit dem Zollstock abgelesen, wo sich der nächste Gullydeckel unter dem zentimeterdicken Eis versteckt. Zwei Millimeter auf der Katasterkarte, das entspricht zwei großen Schritten am Straßenrand. Dort sprühte er eine orangefarbene Markierung in den Schnee.

Das Team hat eine Mammutaufgabe zu bewältigen - denn es gibt rund 160 000 Gullys in Hamburg. Wenn plötzlich Tauwetter einsetzt, dann drohen Hamburg überschwemmte Straßen und vollgelaufene Keller, denn das Eis, das die Rinnsteine der Stadt überzieht, dichtet die allermeisten Gullys ab. Das Wasser könnte nicht ablaufen.

Lange hat niemand gehandelt, bis am der "Eisgipfel" verschiedener Behörden die neue Aktion beschlossen hat.

"Ungefähr 15 Gullys schaffen wir am Tag", sagt Ole Lange. Rechnerisch würde es bis Juli dauern, bis alle Abflüsse eisfrei sind. Also konzentrieren sich die Winterdienste auf Stellen, die oft bei starkem Regen überschwemmt werden, wenn Laub die Gullys verstopft.

Seit dem Eisgipfel wartet das Technische Hilfswerk auf einen Auftrag, bisher gibt es keinen. Die freiwillige Feuerwehr erklärt, sie werde aktiv, sobald Straßen und Keller überschwemmt sind. "Hier präventiv tätig zu werden, fällt nicht in unseren Aufgabenbereich", sagt Dietmar Jeschke, Sprecher der Feuerwehr - zu Recht, denn das Hamburger Wegegesetz regelt, dass Anwohner für ihre Gullys verantwortlich sind. Das weiß nur kaum einer. Daher empfiehlt Reinhard Fiedler von der Stadtreinigung den Menschen, die am tiefsten Punkt ihrer Straße wohnen, sich selbst zu helfen und ihren Gully freizulegen. Bevor plötzlich Tauwetter einsetzt - und Hochwasser droht.