Ein Vorteil kann schnell zum Nachteil werden. Wenn sich die Bedingungen ändern. "Dass ich draußen unterwegs bin, liebe ich an meinem Beruf - normalerweise jedenfalls", sagt Postbotin Anke Schröder. "Normal" sind aber eben keine vereisten Gehwege und ungeräumten Radwege. Wie ihre 1000 Hamburger Kollegen quält sich die 39-Jährige seit mehr als sechs Wochen durch den Winter - mit ihrem gelben Fahrrad, das beladen mehr als 50 Kilogramm wiegt.

Insbesondere in den kleinen Seitenstraßen müsse sie fast immer absteigen, ihr Rad schieben. "Eigentlich brauche ich vier Stunden für meine etwa 19 Kilometer lange Route durch Altona - jetzt sind es mindestens zwei Stunden mehr", sagt die Bahrenfelderin, die seit 1989 bei der Post ist. Bisher habe sie noch nie eine Tour abgebrochen: "Die Leute wollen doch ihre Briefe und Pakete bekommen."

Eine Aufgabe, bei der man in eisigen Zeiten schon mal ins Schlittern kommen kann. "Unfreiwillig habe ich einen Spagat hingelegt", sagt die Briefträgerin. "Mein Hosenbein ist dabei komplett gerissen." Sei aber nicht weiter tragisch gewesen. "Ich trage schließlich Thermo-Unterwäsche." Sie ist froh, dass sie unverletzt davongekommen ist. Die Zahl der Prellungen und Körperverletzungen liegt bei den Zustellern in Hamburg derzeit nämlich dreimal höher als sonst.

Damit ihm das nicht auch passiert, hat Pascal Fäseke (31) sich den Schlitten seiner Tochter Larissa ausgeliehen - und die schweren Postkörbe kurzerhand darauf festgeschnallt. "Die Idee kam mir beim Rodeln", sagt der Postler, der als Springer auf fünf verschiedenen Touren in Farmsen-Berne unterwegs ist. Gerade in den kleinen Straßen in Berne sei die Kufen-Tour eine große Erleichterung. "Vorher habe ich mein Rad immer am Anfang der Straße stehen gelassen und die Sendungen in die Hand genommen. Das ging ganz schön auf die Knochen", sagt der gelernte Tischler, der seit elf Jahren bei der Post ist. Außerdem sei er mit dem Schlitten auch deutlich schneller. Und den Leuten gefällt's. Uwe Völsch aus Berne machte kurzerhand ein Foto von dem Schlitten-Postboten und schickte es dem Abendblatt.

Auch bei der Hamburger Niederlassung der Deutschen Post findet die ungewöhnliche Idee Zustimmung. "Wir sind über jede Lösung froh, die dazu beiträgt, dass die Post rechtzeitig zum Kunden kommt", sagt Sprecher Jörg Koens. Über die Anschaffung von Dienstschlitten werde aber trotz anhaltenden Winterwetters nicht nachgedacht.