Den Vorwurf der Bilanzfälschung weist der Vorstandsvorsitzende zurück: “Das ist absurd.“

Der Vorstandsvorsitzende der HSH Nordbank, Dirk Jens Nonnenmacher, hat den Vorwurf der Bilanzfälschung nachdrücklich zurückgewiesen. "Der Vorwurf ist absurd", sagte er am Freitagabend vor dem Parlamentarischen Untersuchungsausschuss (PUA) mit Blick auf die Strafanzeige, die der Hamburger Rechtsanwalt Gerhard Strate am Mittwoch gegen Verantwortliche der Bank gestellt hatte. Dabei ging es um ein gut sieben Milliarden Euro schweres Tauschgeschäft mit der Hypo Real Estate (HRE) Ende 2007/Anfang 2008. Strate, der bereits Ermittlungen wegen Untreue gegen die HSH-Verantwortlichen ausgelöst hatte, wirft der Bank vor, mit dem "St Pancras"-Deal nur für kurze Zeit die Bilanz geschönt zu haben.

Dafür räumte der HSH-Chef ein, dass "nach meiner Erinnerung" im Dezember 2007 im Aufsichtsrat über eine mögliche Kapitalerhöhung diskutiert wurde, und zwar für den Fall, dass der für 2008 geplante Börsengang nicht stattfinden könne. Dieser wurde im Frühjahr 2008 abgeblasen. Nachdem die SPD schon den damaligen Aufsichtsratsvorsitzenden, den früheren Hamburger Finanzsenator Wolfgang Peiner (CDU), mit entsprechenden Unterlagen konfrontiert hatte, sah sie sich erneut bestätigt, dass die Probleme der Bank Ende 2007/2008 doch schon bekannt waren. Das könnte ein entscheidender Punkt im PUA werden, denn Bürgermeister Ole von Beust (CDU) hatte vor der Wahl im Februar 2008 stets betont, keine Anhaltspunkte für drohende HSH-Verluste zu haben.

Nonnenmachers erster Auftritt vor dem PUA im Kaisersaal des Rathauses hatte sich um gut eine Stunde verzögert, weil sich Juristen darüber stritten, ob mögliche Zeugen wie der im September gefeuerte Vorstand Jochen Friedrich, beziehungsweise deren Rechtsanwälte, an PUA-Sitzungen teilnehmen dürfen. Obwohl das Oberverwaltungsgericht Hamburg deren Ausschluss erst am Donnerstag für rechtens erklärt hatte, konnte die Frage nicht abschließend geklärt werden - Friedrichs Anwalt musste zunächst gehen. Weiterer Streit ist programmiert.

Erst um 18 Uhr konnte Nonnenmacher seine gut 50-minütige Stellungnahme verlesen. Die Kernaussagen: Ja, in der HSH gab es "erhebliche Schwierigkeiten und Fehlentwicklungen", ja, die Bank hatte Ende 2008 sehr viele Probleme angehäuft, vor allem im riskanten Kreditersatzgeschäft, dem zu wenig Eigenkapital gegenüberstand. "Man kann sagen: Sie stand am Abgrund", so der 46-Jährige. Der Bericht der Wirtschaftsprüfer für 2008 sei "schonungslos" gewesen. Gleichzeitig betonte er aber, seit seinem Eintritt in den Vorstand im Oktober 2007 stets gegengesteuert zu haben. Im November 2008 war der Mathematikprofessor zum Vorstandsvorsitzenden bestellt worden. Er folgte auf Hans Berger, dem dreistellige Millionenverluste aus den "Omega"-Geschäften zum Verhängnis geworden waren. Diese ähnelten in ihrer Anlage "St Pancras".

2008 hatte die HSH Nordbank 2,8 Milliarden Euro Verlust gemacht. Die Hauptanteilseigner Hamburg und Schleswig-Holstein mussten sie daher im Frühjahr 2009 mit drei Milliarden Euro Kapital und Garantien über zehn Milliarden Euro stützen. Der Untersuchungsausschuss soll aufklären, wie es zu den Verlusten kam und wer dafür die Verantwortung trägt. Nonnenmacher sagte, er "bedaure" es außerordentlich, dass die HSH die beiden Länder in Schwierigkeiten gebracht habe. Zwar werde die HSH auch für 2009 und 2010 noch Verluste ausweisen, die werde sie aus heutiger Sicht aber selbst tragen.

Die Aussage hätte den Mann erfreut, der Nonnenmacher im Untersuchungsausschuss gegenüberstand, zumindest als lebensgroßes Ölgemälde: der frühere Bürgermeister Johann Georg Mönckeberg (1839-1908). Der Finanzexperte trug den Spitznamen "Bürgermeister Pfennigfuchser".