Auf der “1. Konferenz zur Sozialen Spaltung“ diskutieren Experten heute in Wilhelmsburg soziale und stadtplanerische Fragen.

Hamburg. Die Entfernung ist nicht groß zwischen den feinen Häusern an der Elbchaussee und den billigen Wohnungen in Wilhelmsburg. Auch wenn Klischees selten der Wahrheit entsprechen, ist unstrittig: In Hamburg leben arme und reiche Menschen. Auf der "1. Konferenz zur Sozialen Spaltung" diskutieren Experten heute in Wilhelmsburg soziale und stadtplanerische Fragen. Und die EU hat das "Jahr zur Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung" ausgerufen.

Sozialsenator Dietrich Wersich (CDU) eröffnete die Diskussion bereits gestern, vielleicht präventiv, oder um Begriffe zu definieren. Seine Botschaft: Entgegen anderer Behauptungen nehme Armut in Hamburg nicht zu. Laut aktuellen Daten des Statistischen Bundesamtes ist die "Armutsgefährdungsquote" in der Hansestadt zwischen 2005 und 2008 von 15,7 auf 13,1 Prozent gesunken. Damit liegt Hamburg seit 2007 unter dem Bundesschnitt und auch deutlich unter der Quote anderer Stadtstaaten (Bremen 2008: 22,2 Prozent, Berlin 2008: 18,7 Prozent). Und bisher, so der Senator, habe die Wirtschaftskrise dies nicht wesentlich verändert.

Das alles senke nicht die Brisanz des "Megathemas", jedoch dürften sich Staat, Wohlfahrtsverbände und Zivilgesellschaft zugestehen, dass Maßnahmen auch Wirkung zeigten. Die gängige Definition von Armut ist eine relative: Wer unter 60 Prozent des durchschnittlichen Einkommens verdient, lebt unter der Armutsgrenze, laut Sozialbehörde sind das 787 Euro für Alleinstehende ohne Kinder. Wersich: "Wer Transferleistungen bezieht und minimal dazuverdient, liegt darüber."

Zudem sei die Annahme falsch, dass mehr Millionäre in Hamburg bedeuten würden, dass es auch mehr arme Menschen gebe. "Reichtum kann erwirtschaftet werden, dafür spricht auch, dass es in Berlin weniger Millionäre, aber mehr Arme als in Hamburg gibt." Nach Ansicht von Wersich basiere das System in Deutschland nicht auf Ausbeutung. "Ausbeutung in dem Sinne, wie es sie während der industriellen Revolution gab und heute in vielen Entwicklungsländen gibt."

Wersich will sich nicht als Kritiker der heutigen Konferenz verstanden wissen. "Sicher teile ich viele der Ansichten dort." Auch habe seine Partei, etwa in der Integrationspolitik, in der Vergangenheit Fehler gemacht. "Aber der Sozialstaat muss Notlagen überwinden helfen, nicht nur umverteilen."