“Bürgermeister und Senat haben Parlament und Öffentlichkeit bewusst getäuscht.“ Probleme seien vor der Wahl bekannt gewesen.

Hamburg. Der Streit, ob die Öffentlichkeit über die wahre Lage der HSH Nordbank bewusst getäuscht worden ist, hat sich am Wochenende weiter verschärft. Die SPD schießt sich dabei speziell auf Finanzsenator Michael Freytag (CDU) und seinen Vorgänger Wolfgang Peiner (CDU) ein. Zumindest Freytag habe schon frühzeitig über eine Aktennotiz von den Geldnöten der Bank gewusst. "Der Senat und Bürgermeister Ole von Beust (CDU) haben Parlament und Öffentlichkeit über die wirtschaftliche Schieflage der HSH Nordbank bewusst getäuscht" - so das Fazit nach der zweiten Vernehmung des Ex-Finanzsenators und späterem HSH-Aufsichtsratsvorsitzenden Wolfgang Peiner vor dem Parlamentarischen Untersuchungsausschuss (PUA) zur HSH Nordbank. Der Senat weist die Darstellung zurück.

Peiner war am Freitagabend mit einem Aktenvermerk konfrontiert worden, wonach die Anteilseigner der Bank (Hamburg, Schleswig-Holstein, der schleswig-holsteinische Sparkassenverband und die durch J.C. Flowers vertretenen Trusts) bereits im Dezember 2007 über eine Kapitalerhöhung zur Stützung der Bank beraten haben. Darüber war laut SPD-Fraktion auch Finanzsenator Freytag nachweislich informiert.

Die Frage, um die es der SPD-Fraktion geht: Wann haben Senat und Bürgermeister von der finanziellen Schieflage der Landesbank gewusst? Von Beust habe noch unmittelbar vor der Bürgerschaftswahl im Februar 2008 bestritten, dass im Zusammenhang mit der US-Immobilienkrise auch für die HSH Nordbank enorme Risiken drohten, so die SPD. "Wir müssen davon ausgehen, dass der Bürgermeister hier nicht gesagt hat, was er wusste", sagte der SPD-Obmann im PUA, Thomas Völsch. Mittlerweile sei klar, dass die Warnungen der Experten über enorme Risiken für die Bank richtig gewesen seien.

Auch der SPD-Abgeordnete Metin Hakverdi, der Wolfgang Peiner in der Sitzung des PUA mit dem Aktenvermerk konfrontiert hatte, sagte: "Bereits 2007 haben die Experten Gefahren für die HSH Nordbank erkannt und Gegenmaßnahmen beraten." Genau das habe der Bürgermeister im Kandidaten-Duell mit seinem SPD-Herausforderer Michael Naumann verschwiegen. "Wenn der Bürgermeister über die Situation der Bank auch nur im Groben informiert war, dann hat er die Wähler damit schlicht getäuscht", so Hakverdi.

Nach Ansicht der SPD-Fraktion setzt die bereits 2007 diskutierte außerplanmäßige Kapitalerhöhung auch Finanzsenator Michael Freytag und den ehemaligen HSH-Vorstand Peter Rieck unter Druck. Dieser hat laut SPD in einer Sitzung des Haushaltsausschusses im Juni 2009 gesagt, von einer Kapitalerhöhung sei im vierten Quartal 2007 keine Rede gewesen. "Eine Aussage, die der Finanzsenator im Ausschuss unwidersprochen ließ", sagte Hakverdi.

Daniel Stricker, Sprecher der Finanzbehörde, weist die Vorwürfe zurück. Zwar habe es bereits im Dezember Gespräche über eine Kapitalerhöhung durch die Anteilseigner gegeben. Dies sei aber nicht im Zusammenhang mit der US-Finanzkrise zu sehen. "Das Erfordernis, die relativ schwach kapitalisierte HSH Nordbank mit mehr Eigenkapital auszustatten, bestand schon zu der Zeit, als es der Bank noch gut ging", so Stricker.

Weil der geplante Börsengang der Bank "aufgrund des schwierigen Marktumfeldes verschoben werden musste", hätten die HSH-Anteilseigner die Kapitalerhöhung selbst vorgenommen. "Der Senat hat alle für die Mitte 2008 beschlossene Kapitalerhöhung erforderlichen Informationen umfassend dargelegt. Zu diesem Zeitpunkt hatte die Bank noch hohe Gewinne ausgewiesen", heißt es vom Sprecher der Finanzbehörde. "Die infolge der Lehman-Pleite im September 2008 ausgewiesenen Milliardenverluste der HSH Nordbank waren zum Zeitpunkt der Kapitalerhöhung weder bekannt noch erkennbar." Dieser Äußerung schloss sich Senatssprecherin Kristin Breuer gestern an.

Kritik kam auch von Andreas Waldowsky, Obmann der GAL im PUA: "Peiner hat offenbar nicht begriffen, dass die von ihm kontrollierten Bankmanager häufig überfordert waren, dass sie unverantwortlich riskante Geschäfte tätigten und dass die interne Organisation oft chaotisch war."