Bei dem Projekt “Alleinerziehende unter 30-Jährige mit Kindern unter fünf Jahren“ geht es die um Probleme von Hamburger Alleinerziehenden.

Hamburg. Nina K. (24) sitzt zusammen mit sieben anderen Frauen in einem Klassenzimmer. Dozentin Bettina Lühnen (44) schreibt das Thema für heute an die Tafel: Bewerbungstraining. Schreibutensilien und Getränke werden herausgeholt, vereinzelte Gespräche eingestellt. Eigentlich eine ganz normale Szene wie aus der Schule. Mit einem Unterschied: Nina und einige andere haben bereits einen Schulabschluss. Ihr Ziel ist es vielmehr, nach zehn Monaten Training eine Arbeit oder einen Ausbildungsplatz zu finden. Eine Mammutaufgabe, denn Nina und die anderen Frauen sind alleinerziehende Langzeitarbeitslose und haben damit statistisch gesehen die schlechtesten Chancen auf eine Beschäftigung.

Das Projekt "Alleinerziehende unter 30-Jährige mit Kindern unter fünf Jahren" - so der etwas umständliche Titel - ist eine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme der Arge, in der es speziell um die Bedürfnisse und Probleme von rund 19.000 Hamburger Alleinerziehenden geht.

"Wir versuchen, die Sozialhilfekarrieren zu durchbrechen", erklärt Ursula Kapp. Die 50 Jahre alte Psychologin arbeitet bei grone Netzwerk, das zusammen mit invia Hamburg Träger des Pilotprojekts ist. Das Problem der Zielgruppe: "Die Teilnehmerinnen haben viele sogenannte Arbeitshemmnisse." Dazu würden Faktoren wie mangelnde Schulbildung, lange Arbeitslosigkeit und ein kleines Kind, das alleine erzogen wird, gehören.

Nina K. und Natalie P. (24) sind zwei der Frauen, die davon betroffen sind. Doch während Nina noch büffelt, hat Natalie schon einen Erfolg zu verbuchen. Seit dem 1. September, nur knapp sechs Wochen nachdem sie als eine der ersten Teilnehmerinnen gestartet ist, hat sie beim "e aktiv Markt Carleis" in Heimfeld eine Teilzeitausbildung zur Kauffrau im Einzelhandel gefunden. "Die Arbeit tut mir richtig gut", freut sie sich. Und auch ihr Chef, Inhaber Nils Carleis (32), ist zufrieden: "Sie hat sich schnell eingearbeitet. Der einzige Unterschied zu einer Vollzeitlehre ist, dass sie mir weniger zur Verfügung steht." Natalie ist 30 Stunden pro Woche beschäftigt, damit sie noch genügend Zeit hat, sich um ihren neunjährigen Sohn und ihre vierjährige Tochter zu kümmern, die am Vormittag in der Schule beziehungsweise in einer Kindertagesstätte sind.

So einen guten Weg wie Natalie können aber nur die wenigsten Frauen gehen: "Wir hoffen, 25 Prozent der Teilnehmerinnen zu vermitteln. Aber bei der momentanen Arbeitsmarktlage ist das leider sehr schwierig", sagt Ursula Kapp. Seit dem Start des Projekts Ende Juli hätten lediglich zwei Frauen eine Ausbildung gefunden.

Um die Chancen zu erhöhen, durchlaufen die Alleinerziehenden ein zehnmonatiges Training, das 30 Stunden in der Woche umfasst und mit 2 Euro pro Stunde vergütet wird. Die Kosten dafür trägt team.arbeit.hamburg. Während dieser Zeit frischen die Teilnehmerinnen in kleinen Lerngruppen ihre Deutsch-, Mathe- und Englischkenntnisse auf, durchlaufen Kommunikations- und Bewerbungstrainings, machen Sport, lernen, sich und ihre Kinder gesund zu ernähren, und durchlaufen Kompetenz- und Persönlichkeitstests.

Sozialpädagogin Lühnen ist spezialisiert auf Bewerbungsfragen. Ihren acht Frauen, die sie heute unterrichtet, erklärt sie, worauf man bei einer Bewerbung achten sollte. "Keine Rechtschreibfehler und eine saubere Form, das heißt: keine Kaffeeflecken". Immer wieder bringen sich die Teilnehmerinnen ein, ergänzen oder stellen Fragen. Für Staunen sorgt ihre Aussage, dass das Anschreiben nicht mit den Worten "Hiermit bewerbe ich mich für ..." anfangen sollte. "Total langweilig, damit fällt man unter so vielen Bewerbungen nicht auf."

Neben der fachlichen Qualifizierung hilft das Projekt auch in persönlichen Fragen. "Viele der Alleinerziehenden bei uns müssen erst einmal ihr Leben wieder in den Griff kriegen. Wir organisieren dann zum Beispiel einen Kita-Platz, damit die Kinder während der Zeit versorgt sind", sagt Kapp.

Bei Nina, die seit Anfang November dabei ist, war das nicht der Fall. Für ihren jüngeren Sohn, mit dem sie zusammen in Volksdorf wohnt, hatte sie bereits eine Halbtagsbetreuung organisiert. "So habe ich die Möglichkeit, nicht mehr nur Wäsche zu waschen und zu putzen", sagt sie über ihr neues Leben. Mit der Geburt des Sohnes musste Nina ihre Vollzeitbeschäftigung an einer Tankstelle aufgeben, bei der sie seit ihrem Schulabschluss 1996 gearbeitet hatte. "Eigentlich wollte ich damals eine Ausbildung machen. Auf massenweise Bewerbungen folgten massenweise Absagen." Doch das soll sich jetzt ändern: "Ich möchte nicht, dass mein Sohn irgendwann sagen muss: 'Meine Mama hat nichts gelernt.'"