Der Hamburgische Anwaltverein und das Abendblatt veranstalten zum Thema Patientenverfügung ein “Bürgerforum“.

Hamburg. Wie sie ihren eigenen Tod gestalten wollte - das war für Birgit Czarnojohn (42) aus Sasel lange kein Thema. Bis ihr Vater 2005 an einem Herzinfarkt völlig unerwartet verstarb. Was sollte mit ihr geschehen in einer hoffnungslosen Situation zwischen Leben und Tod? Überleben um jeden Preis - auch dann, wenn nur Maschinen und Schläuche sie vom Tod trennen?

Birgit Czarnojohn, ihre Großmutter, ihre Mutter und ihr Bruder entschieden sich dagegen. Sie wollten selbst entscheiden, wie und wann sie aus dem Leben scheiden. Der Gesetzgeber hatte dafür das Instrument der Patientenverfügung geschaffen. Rund neun Millionen Menschen in Deutschland besitzen so ein Dokument. Allerdings war das Gesetz nicht eindeutig genug: 60 Prozent der Richter entschieden sich aus Angst vor rechtlichen Repressalien im Zweifelsfall für lebenserhaltende Maßnahmen - und damit gegen den Willen des Patienten.

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Damit ist seit dem 1. September Schluss, das Gesetz ist nun fest im Betreuungsrecht verankert. Der Wille des Patienten zählt - ob seine Entscheidung nachvollziehbar ist oder nicht. Wer nicht leben will, darf sterben. Die vorsorgliche Willenserklärung ist für die Gerichte verbindlicher geworden.

Der Hamburgische Anwaltverein (HAV) und das Hamburger Abendblatt veranstalten zu diesem Thema ein "Bürgerforum" in der Axel-Springer-Passage (Caffamacherreihe 1) am Donnerstag, 29. Oktober, von 19 bis 21 Uhr. Was hat sich geändert im neuen Gesetz? Was muss ich tun, damit mein Wille umgesetzt wird? Die Rechtsanwältinnen Stefanie Weber und Dr. Katja Schumann werden dazu vortragen und Fragen beantworten. Titel der Veranstaltung "Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht - nehmen Sie Ihr Leben selbst in die Hand ..." Anmeldung unter Telefon 040/68 25 25 oder unter info@hav.de per E-Mail.

Wie sehr das Thema die Menschen bewegt, zeige auch die steigende Zahl derer, die ihre Patientenverfügung juristisch "nachjustieren" lassen wollen, sagt Anwältin Stefanie Weber. Das Gesetz bindet die Gerichte, den Patientenwillen unbedingt zu respektieren. Voraussetzung: Das Dokument ist "wasserdicht". Formulierungen wie "ich wünsche einen menschenwürdigen Tod" ließen zu viel Raum für Interpretationen. Auch Birgit Czarnojohn lässt nun ihre Patientenverfügung von einer Rechtsexpertin überprüfen. "Je präziser sie formuliert ist, desto mehr schließt man aus, dass es im Ernstfall vor Gericht geht", sagt Dr. Katja Schumann, Fachanwältin für Familienrecht mit den weiteren Tätigkeitsschwerpunkten Medizin- und Vertragsrecht. Für eine maximale Rechtssicherheit empfiehlt sie, neben einer Patienten- auch eine Betreuungsverfügung sowie eine Vorsorgevollmacht zu errichten.

Von vorgefertigten Patientenverfügungen, etwa in Form von im Internet verfügbaren Formularen, halten beide Anwältinnen indes nichts.

Für Recht suchende Bürger bietet der HAV einen Service an: den "Anwaltsuchdienst". Auf Anfrage werden kostenlos bis zu drei für den Fall geeignete Rechtsanwälte genannt: Telefon 01804/31 43 14, per Anruf 20 Cent, mobil ist es teurer.