Die SPD hat es schon getan. Die FDP tut es seit Freitagabend, die Linkspartei an diesem Sonnabend: Parteitage abhalten.

Für die drei Oppositionsparteien ist das vor allem Gelegenheit zur Nabelschau und zur Kritik am Senat. Bahnbrechende Ereignisse wie die Wahl von Olaf Scholz zum neuen SPD-Vorsitzenden sind eher die Ausnahme, die Nachwirkungen dieser Veranstaltungen daher überschaubar.

Anders ist das bei einer Regierungspartei. Was deren Mitglieder beantragen, diskutieren und am Ende beschließen, findet Niederschlag im Senat. So ist es kein Zufall, dass der Nachhall der GAL-Landesmitgliederversammlung am vergangenen Sonnabend die Woche im Rathaus geprägt hat. Und die kommenden Wochen noch prägen wird. Denn die GALier haben unter dem Motto "Hamburg vor großen Herausforderungen: Packen wir's an!" Dinge beschlossen, die sich nicht mal eben so in Regierungshandeln umsetzen lassen. Jedenfalls nicht mit der CDU.

Inhaltlich knirscht es seitdem in der bislang verdächtig harmonischen schwarz-grünen Koalition. Aber ist es deshalb eine Ehekrise? Gar "Das Ende der Harmonie", wie die "Welt Kompakt" düster analysierte? Nun, einen Termin beim Scheidungsrichter gibt es noch nicht, nicht einmal böse Worte sind zu vernehmen, doch zumindest einer der grünen Seitensprünge, die Forderung nach einer Sonderprüfung bei der HSH Nordbank, könnte zum echten Problem werden.

Zunächst zum minderschweren Fall. Bis Ende des Jahres muss die Koalition ein neues Raucherschutzgesetz verabschieden. Die GAL ist für ein totales Rauchverbot in Kneipen und Gaststätten, die CDU will - verkürzt gesagt - Ausnahmen zulassen. Der Dissens ist bekannt, auch dass an einem Kompromiss gearbeitet wird. Als GAL-Gesundheitsexpertin Linda Heitmann Anfang November durchblicken ließ, dass "möglichst viele rauchfreie Räume" auch akzeptabel wären, schien der Durchbruch nah. Der grüne Landesvorstand wollte das heiße Eisen daher in seinem "Packen wir's an!"-Leitantrag gar nicht anpacken. Doch der Schuss ging nach hinten los. Die um das grüne Profil besorgten Mitglieder setzten im Bereich "Bürgerrechte" die erneute Forderung nach einem absoluten Rauchverbot durch - "ohne Ausnahme". Aus "Bürgerrechten" wurde bei der Gelegenheit noch "BürgerInnenrechte" gemacht. So wird Balsam für die grüne Seele angerührt - und die schwarze Seele gemartert.

GAL-Fraktionschef Jens Kerstan setzte die neue/alte harte Linie prompt um und berichtet schon am Montag, dass ein "schwieriges und eher zähes Gespräch" mit der CDU keine Einigung gebracht habe. Die Verhandlungen sind mitunter skurril. So sucht der um einen Kompromiss bemühte CDU-Gesundheitsexperte Harald Krüger im Auftrag seiner Fraktion nach Ausnahmen, obwohl er selbst ein Befürworter des Rauchverbots ist. Und Kerstan vertritt die harte GAL-Linie, könnte persönlich aber durchaus mit Ausnahmen leben. Kein Wunder, dass auch bis Ende der Woche kein weißer Rauch aufstieg. Dabei drängt die Zeit enorm: Am Montag muss die CDU-Fraktion ihre Linie festlegen, damit die Lunte auf der letzten Bürgerschaftssitzung des Jahres am 9. Dezember gelöscht werden kann.

Inhaltlich noch brisanter ist die Forderung nach einer Sonderprüfung bei der HSH. Dabei geht es um die Durchleuchtung der mit Milliardenverlusten kämpfenden Landesbank durch einen externen Experten, die Ergebnisse müssten veröffentlicht werden. Davon hält schon Finanzexperte Kerstan nicht viel, die CDU aber gar nichts. Zum einen, weil es bereits diverse Untersuchungen zur HSH gibt; zum anderen glauben sie, dass die Offenlegung der HSH-Geschäftspraktiken der Bank - und damit der Stadt als Miteigentümerin - mehr schaden würde, als die Aufklärung nützlich wäre.

Verhindern konnte der GAL-Vorstand die Forderung aber kaum, denn andernfalls hätten die Antragsteller Peter Schwanewilms und Aram Ockert - er hatte schon zusammen mit dem Anwalt Gerhard Strate Strafanzeige gegen die HSH erstattet- die Koalitionsfrage gestellt. "Sollten sich die Pläne als mit der CDU nicht machbar erweisen", sei zu fragen, "welche Argumente es dann noch für eine Fortführung der Koalition gibt." Tja, welche?

Die GAL-Führung kann auf etliche "grüne" Erfolge wie die Schulreform, das Klimaschutzprogramm oder die Leih-Fahrräder verweisen, einen offenen Streit über den Sinn der Koalition mit der CDU hält sie für unangebracht. Doch auch die parteiinternen Kritiker haben eine lange Liste: Kohlekraftwerk Moorburg, Elbvertiefung, und nun werden die Grünen auch noch in die Haushaltskrise und das HSH-Desaster mit hineingezogen - solche Probleme würde man gern der CDU überlassen. "Die Bereitschaft, alles mitzumachen, ist arg strapaziert worden", sagt ein altgedienter GALier. Das hat auch der Vorstand erkannt und nach dem Motto "Gute Partei - böse Fraktion" ein paar Ventile geöffnet. Nicht viel, aber genug, um die CDU zu ärgern.

Eigentlich wollten Ockert und Co. auch HSH-Chef Dirk Jens Nonnenmacher persönlich zum Problem erklären, doch das wurde verhindert. Der Druck der GAL-Basis, den Vorstandschef unter Beschuss zu nehmen, wird jedoch größer - Bürgermeister Ole von Beust (CDU), der Nonnenmacher noch im Sommer als "besonders leistungsfähig" gelobt hatte, wird es vernommen haben. Auch, dass der GAL-Abgeordnete Farid Müller heute in der HafenCity öffentlich über die "desolate Haushaltslage" diskutiert, dürfte bei der CDU und ihrem Finanzsenator Michael Freytag nicht gut ankommen.

Immerhin: Programmatische Profilierungsversuche der CDU drohen vorerst nicht - ihr Parteitag ist erst am 16. Februar.