Strategiepapier liegt dem Abendblatt vor. Behörde soll Leistungen beschränken und Eigenbeteiligung der Bürger erhöhen.

Hamburg. Dass die Sozialbehörde sparen muss ist, ist kein Geheimnis. Unklar war bisher, wo und wie. Ideen dazu hat Sozialsenator Dietrich Wersich (CDU) in einem "Strategiepapier BSG zur Haushaltskonsolidierung 'gesetzliche Leistungen'" zusammengefasst, das dem Abendblatt vorliegt. "Zehn goldene Regeln" sollen den Kollegen dabei helfen, Prioritäten für Sparvorschläge zu setzen.

  • Konsequente Anwendung bestehender Regeln
  • vorrangige Kostenträger beteiligen
  • Beschränkung überdurchschnittlicher Leistungen oder Rechtsansprüche
  • Umsteuerung in günstigere Hilfen bzw. Leistungsarten
  • neue Vorhaben zurückstellen* Abbau von Unterschieden der Kostensätze und Konsolidierungsdruck bei Trägern
  • Beschränkung/Verzicht auf Kostendynamisierung
  • Refinanzierung Bund* Anpassung/Erhöhung Selbstbehalte, Eigenbeteiligung und Gebühren
  • Standardabsenkungen

Hinter der Überschrift von Punkt zehn "Standardabsenkungen" verbergen sich Vorschläge wie die Verringerung von Personalschlüsseln - also Stellenabbau. Aber auch der "Aufbau von Hürden für die Inanspruchnahme von Leistungen". Was genau dahintersteckt, wollte die Behörde am Freitag nicht sagen. Das Papier sei "selbsterklärend" und lediglich ein "Prüfraster", anhand dessen die Behördenmitarbeiter schauen sollen, wie sie bei den gesetzlichen Leistungen einen Anstieg der Kosten verhindern können, so Behördensprecherin Jasmin Eisenhut.

Bis zum Jahr 2012 wird die Sozialbehörde mehrere Hundert Millionen Euro einsparen müssen. Der Gesamtetat der Behörde in Höhe von 2,4 Milliarden Euro unterliegt einer gewissen Dynamik: 83 Prozent der Leistungen gehen auf gesetzliche Ansprüche zurück. Sozialsenator Wersich hatte im Abendblatt bereits angekündigt, die Mehrausgaben bis zum Jahr 2012 in Höhe von etwa 318 Millionen Euro "in den Griff" kriegen zu wollen. Möglichkeiten, wie das geschehen soll, zeigt nun das Behördenpapier auf.

Unter Punkt vier "Umsteuerung in günstigere Hilfen bzw. Leistungsarten" schlägt Wersich vor, verstärkt ambulante Hilfen anzubieten, zudem "niedrigschwelligere, weniger kostenintensive Hilfe- und Leistungsformen, die ähnlich wirksam oder im Idealfall sogar wirksamer" sind. Das alles unter "Einbeziehung von Netzwerken und Nachbarschaften (Integration) statt (Über-)Professionalisierung.

Die SPD-Fraktion will nun genauer wissen, was sich hinter den einzelnen Formulierungen verbirgt. In einer Kleinen Anfrage, die Carola Veit am Freitag eingereicht hat, will die SPD-Sozialexpertin wissen, was der Vorschlag: "Aufbau von Hürden für die Inanspruchnahme von Leistungen" bedeutet. Ihre Fragen an den Senat: "Hürden welcher Art sind hier angedacht? Einsparungen in welcher Höhe sollen erzielt werden? Für welche Bevölkerungsgruppen sollen welche Hürden aufgebaut werden?"

Dem Abendblatt sagte sie: "Wenn einem Sozialsenator zum Thema Kostensteuerung nur noch das einfällt, ist das ein politischer Offenbarungseid. Ein Sozialsenator, der Hürden aufbaut, damit Menschen nicht mehr gesetzliche Leistungen in Anspruch nehmen, ist politisch am Ende." Damit lasse Wersich "die Maske fallen". Veit betont: "Das ist gesellschaftliche Ausgrenzung statt sozialer Integration."