Die Bürgerschaft beschloss die Einrichtung eines “Sondervermögens“. Sechs Milliarden Euro an neuen Krediten sollen gebündelt werden.

Hamburg. Der höchsten Schuldenaufnahme in der Geschichte Hamburgs steht nichts mehr im Weg. Die Bürgerschaft beschloss gestern Abend mit den Stimmen der CDU/GAL-Mehrheit die Einrichtung eines "Sondervermögens", in dem bis 2013 sechs Milliarden Euro an neuen Krediten gebündelt werden sollen. Das entspricht nach Angaben des Senats der Höhe der erwarteten Steuerausfälle in dem Zeitraum. Das entsprechende Gesetz beinhaltet zudem die Pflicht, von 2015 an mindestens 100 Millionen Euro pro Jahr zu tilgen. Die Zinsen für die neuen Kredite sollen im laufenden Haushalt eingespart werden.

Obwohl sich alle Parteien einig sind, dass die Stadt die schwerste Wirtschafts- und Finanzkrise der Nachkriegszeit erlebt und die Einnahmeausfälle nur über Kredite ausgeglichen werden können, gab es einen heftigen Schlagabtausch. SPD-Finanzexperte Peter Tschentscher warf Schwarz-Grün vor, 1,3 Milliarden Euro mehr Schulden zu machen als nötig, weil Rücklagen geschont würden. "Die alten Rücklagen bleiben stehen als Wahlkampfkasse für CDU und GAL, damit Sie Ihre schwarz-grünen Kompromisse gegenseitig ausgleichen können." Er sprach von unzulässiger "Haushaltsakrobatik". Die nächste Bürgerschaftswahl steht Anfang 2012 an.

Tschentscher und der Finanzexperte der Linksfraktion, Joachim Bischoff, kritisierten zudem, dass CDU und GAL nach ihrer Sparklausur vergangene Woche keine Ergebnisse präsentiert hatten. Es sei "absurd", so Bischoff, dass der Senat erst sage, er wolle die Stadt in der Krise nicht "kaputtsparen", dann aber über Wochen Geheimverhandlungen über die Frage führe, wie sich die Zinsen einsparen lassen.

GAL-Fraktionschef Jens Kerstan wies die Vorwürfe zurück. Richtig sei, dass 2009 und 2010 die Kreditaufnahme größer sei als das Haushaltsloch, das kehre sich aber in den Folgejahren um. Es werde keine "Wahlkampfkasse" gefüllt, sondern die Möglichkeit geschaffen, in der Krise antizyklisch investieren zu können. Dass Schwarz-Grün noch keine Sparliste vorgelegt habe, sei der noch nicht vorliegenden November-Steuerschätzung geschuldet. Außerdem sei noch unklar, wie sehr die "unverantwortliche Politik" der neuen CDU/FDP-Bundesregierung die Länder belaste.

In Abwesenheit von Finanzsenator Michael Freytag (krank) oblag es dem neuen Chef des Haushaltsausschusses, Roland Heintze, die CDU-Linie zu erläutern. Die Kredite seien die einzige Möglichkeit, mit einer "Krise, wie wir sie noch nie hatten", umzugehen. Das parallel zum Haushalt geführte Sondervermögen und die daran gekoppelte Tilgungsverpflichtung schafften Klarheit für kommende Generationen. Heintze: "Nur so können wir erklären, warum wir diese Schulden aufgenommen haben."