Eltern bemängeln Gruppengrößen mit bis zu 25 Kindern. Sozialbehörde betont: Wir nehmen Sorgen sehr ernst.

Hamburg. Kommt auf den Senat nach dem Protest gegen die Schulreform jetzt eine Protestwelle gegen die Reformpläne im Hortbereich zu? Träger und der Landeselternausschuss Hortbetreuung (LEA) kritisieren die Planungen in der Sozial- und der Schulbehörde, die an den kürzlich beschlossenen Primarschulen ab Herbst 2011 eine verlässliche kostenlose Hortbetreuung von 8 bis 16 Uhr für alle anbieten will. Die Kritikpunkte: zu wenig Personal, kein befriedigendes Raumkonzept, pädagogische Verschlechterungen, eine soziale Schieflage und drohender Platzabbau.

"Das angeblich kostenfreie Bildungs- und Betreuungsangebot an den Schulen entpuppt sich in Wahrheit als pädagogisch qualitätsarmes Aufbewahrungsangebot", heißt es in einem offenen Brief des LEA und des "Hamburger Bündnis für Hortbetreuung" an Sozialsenator Dietrich Wersich (CDU) und Schulsenatorin Christa Goetsch (GAL). In dem Brief wird gefordert, erst die Schulreform in Ruhe umzusetzen und dann die Hortreform anzugehen.

Statt jetzt rund 18 000 Schüler will die Stadt ab 2011 rund 28.000 Kinder in Horten betreuen, die Träger rechnen eher mit 40.000 Kindern. Dies solle offenbar "kostenneutral" umgesetzt werden, was nur "mit inakzeptablen Standardabsenkungen" zu machen sei. Es sei durchaus im Sinne der Eltern, dass die Horte bis 2011 auf dem Schulgelände beziehungsweise im Umkreis von etwa 500 Metern um die Schule angesiedelt würden und man den Zugang öffne, sagt Bodo Heuer vom Vorstand des LEA: "Aber dann muss auch mehr Geld ins System gepumpt werden." Die positiven Wirkungen der flächendeckenden Einführung einer verlässlichen Schulkinderbetreuung würden durch die mangelhafte Finanz- und Personalausstattung konterkariert. Statt um 17 Kinder müsse sich künftig ein Erzieher oder eine Erzieherin um 25 Kinder (in sozialen Brennpunkten sind es maximal 20 Kinder) kümmern. "Das macht eine sinnvolle pädagogische Arbeit unmöglich."

Kostenlos sei das Angebot zudem nur von 8 bis 16 Uhr, die Zeit davor und danach, das Mittagessen und die Betreuung in den Ferien dagegen kostenpflichtig. Geringverdiener müssten darum nach der Hortreform mehr bezahlen. "Das trifft also zum Beispiel die alleinerziehende Mutter, die bis 18 Uhr arbeitet", sagt Bodo Heuer. Eine einkommensschwache Familie mit fünf Stunden Hortbetreuung müsse heute 528 Euro im Jahr aufbringen, künftig etwa 255 Euro mehr.

LEA und das "Bündnis für Hortbetreuung" kritisieren auch, dass die Betreuung in sogenannten Multifunktionsräumen stattfinden soll, die dann für so unterschiedliche Aktivitäten wie Essen, Lesen, Hausaufgaben, Toben, Musizieren und anderes genutzt werden. Heuer: "Man stelle sich nur vor, 200 oder 300 Kinder - und mit so großen Horten ist zu rechnen - sind für all das auf einen einzigen großen Raum angewiesen." Er verweist auf Berlin, wo bei einer ähnlichen Reform die Horte mit eigenen, großzügigen Räumlichkeiten ausgestattet worden seien.

Ebenso wie LEA und das "Bündnis für Hortbetreuung" bezweifelt auch der Alternative Wohlfahrtsverband SOAL, dass die Schulen ausreichend vorbereitet sind. Horte würden nur an Standorten von Ganztagsprimarschulen eingerichtet, diesem Umstand werde aber in der Schulentwicklungsplanung zu wenig Rechnung getragen, so der SOAL. Zugleich würden sich aber viele heutige Träger von Horten umorientieren, weil sie zu weit von Schulen entfernt sind oder nicht auf größere Gruppen ausgelegt sind.

"Ich befürchte spätestens 2010 einen Platzabbau in erheblichem Umfang. Wenn der Senat nicht für einen weicheren Übergang sorgt, droht ein Versorgungschaos", sagt SOAL-Sprecher Elimar Sturmhoebel. Die Sprecherin der Sozialbehörde, Jasmin Eisenhut, sagte, die Behörde nehme "die Befürchtungen sehr ernst". Die Kritik bezöge sich aber bislang nur auf ein Eckpunktepapier: "Beschlossen ist noch nichts." Ziel der Reformpläne sei es, den Kindern Wege zu ersparen und ein kostenloses Angebot in der Kernzeit von 8 bis 16 Uhr zu schaffen. Von einer sozialen Schieflage könne nicht die Rede sein. Wenn Träger von Horten verunsichert seien, so Eisenhut, fänden sie bei den Behörden ein offenes Ohr: "Manche Irritation beruht offenbar auf falschen Informationen."