Für Herlind Gundelach ist die Verlagerung des Campus auf den Kleinen Grasbrook die beste Option. Kritik von der Handelskammer.

Hamburg. Es sei lediglich ein weiterer Vorschlag in der Debatte um die bauliche Zukunft der Uni, sagte Handelskammer-Präses Frank Horch. Doch das gestern vorgelegte Standpunktpapier wirkt wie eine Ohrfeige für Senatorin Herlind Gundelach (CDU). Ihr im April vorgelegtes Gutachten (Kosten: Eine Million Euro), das eine Verlagerung des Campus auf den Kleinen Grasbrook als beste Option bewertet, sei laut Handelskammer ein "unzureichender Beitrag", um eine Zukunft für Hamburgs größte Hochschule zu entwickeln. Es bestünden "erhebliche Zweifel" an der Glaubwürdigkeit des "tendenziösen" Behördengutachtens, sagte der Präses.

Auch wenn eindeutig ist, dass sich der Interessensverband Hamburger Geschäftsleute aus ureigenster Motivation gegen eine Nutzung des Kleinen Grasbrooks durch eine Hochschule ausspricht: Die Kritik an der Wissenschaftsbehörde ist ungewöhnlich heftig. "Es wurden Gräben gerissen, die geschlossen werden müssen", sagte Horch. Im Kern geht es darum, dass der Güterumschlag auf der Elbinsel für die Hafenentwicklung "unverzichtbar" sei.

Die Handelskammer empfiehlt nun in ihrer überraschend umfangreichen Untersuchung, die Universität möge am aktuellen Standort saniert und vergrößert werden. Dies sei für 590 Millionen Euro möglich, anstelle der von der Wissenschaftsbehörde veranschlagten 1,3 Milliarden. Denn ein kleinerer Teil der Gebäude als behauptet sei sanierungsbedürftig, zudem biete das Gelände in Eimsbüttel ausreichend Platz. Darüber hinaus, so Geschäftsführer Hans-Jörg Schmidt-Trenz, habe man vor Erstellung des Gutachtens mit den Dekanen aller Fachbereiche über Bedürfnisse gesprochen - ebenfalls ein Seitenhieb auf Senatorin Gundelach, die nach Abendblatt-Informationen kaum Gespräche an der Uni geführt hatte, bevor ihr Gutachten veröffentlicht wurde. Erst kürzlich forderte auch der CDU-Wirtschaftsrat, die Universität am derzeitigen Standort zu belassen und auf die nahende Exzellenzinitiative vorzubreiten. Die SPD fordert das schon lange. "Es ist bemerkenswert, wie stark die Handelskammer unsere Analysen bestätigt und ebenfalls zu dem Ergebnis kommt, dass sämtlicher Flächenbedarf am derzeitigen Standort erfüllt werden kann", sagte SPD-Hochschulexpertin Dorothee Stapelfeldt.

Wie seriös die zusätzliche Idee der Handelskammer ist, wird sich zeigen: Alternativ zum Campus in Eimsbüttel könnten auch die denkmalgeschützten Großmarkthallen am Klostertor zum "Vorlesungszentrum" ausgebaut werden. Eine Teilverlagerung würde rund 928 Millionen, eine Komplettverlagerung 1,28 Milliarden Euro kosten, exklusive Infrastruktur. Wirtschaftssenator Axel Gedaschko (CDU) zeigte die Rote Karte: Bis 2034 habe der Senat den Händlern dort eine Standortgarantie zugesichert; Unternehmen zu entschädigen, würde 30 Millionen Euro kosten. Gedaschko: "Eine Verlegung des Großmarkts ist keine gute Idee." Aus der Wissenschaftsbehörde hieß es: "Es stellt sich die Frage, ob die riesige Halle ohne ausreichendes Tageslicht geeignet ist." Überhaupt, beim Handelskammerkonzept bedürften viele Aspekte einer vertieften Untersuchung, sagte Senatorin Gundelach, versicherte jedoch, man werde alle Vorschläge bis Frühjahr 2010 prüfen. Der Allgemeine Studentenausschuss (AStA) lehnt eine Verlagerung zum Klostertor ab - und mahnt zur Eile. "Nach zwei Jahren Diskussion, mehr als einer Million Euro ausgegebener Steuern muss es nun Ergebnisse geben. Sonst besteht Gefahr, dass am Ende nichts herumkommt", sagte Vorsitzender Séverin Pabsch.