Im ersten Interview nach ihrem Rücktritt spricht Monika Auweter-Kurtz mit Philip Volkmann-Schluck über Träume und Rückschläge.

Hamburg. Hamburger Abendblatt:

Herzlichen Glückwunsch! Sie kommen soeben aus den USA zurück, mit zwei Auszeichnungen im Gepäck.

Monika Auweter-Kurtz:

Ich war sehr erfreut. Für mich als Raketenforscherin ist das eine hohe Anerkennung. Und Ehrung, dass ich in Stuttgart eine herausragende Abteilung aufgebaut habe.

Abendblatt:

In Hamburg war die Dankbarkeit nicht so groß.

Auweter-Kurtz:

Schade, weil Hamburg für mich eine zweite Heimat geworden ist. Dennoch habe ich die Uni in einem unvorstellbaren Zustand vorgefunden, die Situation der Studierenden schien in vielen Fachbereichen unerträglich. Es lag ein Entwicklungsplan vor, der nicht ausfinanziert war. Es wurden mehr Studierende aufgenommen, als angemessen betreut werden konnten.

Abendblatt:

Sind Sie von Anfang an auf Ablehnung gestoßen?

Auweter-Kurtz:

Es war klar, dass es bei nötigen Reformen nicht nur Gewinner geben wird. Einige Kollegen wären gerne im alten Trott geblieben. Mein Ziel war die internationale Spitze. Hamburg hat im Prinzip gute Voraussetzungen dafür. Will man ein Profil, darf man Ressourcen nicht mit der Gießkanne verteilen. Die Arbeit ist unterschiedlich verteilt, etwa bei Abschlussarbeiten. Einige Kollegen sind weniger, andere sehr nachgefragt. Das muss Konsequenzen für die Verteilung der Mittel haben.

Abendblatt:

Es hieß, Sie hätten Budgetkürzungen angedroht.

Auweter-Kurtz:

Ich bin in Hamburg nicht an die Macht gekommen, sondern habe Verantwortung übernommen, für 40 000 Studierende und für die größte Forschungsstätte der Stadt. Reformen konnte ich nicht auf die lange Bank schieben. "So nicht mit mir", das habe ich nur einmal gesagt: als einige Fachbereiche den Struktur- und Entwicklungsplan noch immer nicht ausfinanziert hatten. Mir wurde zum Vorwurf gemacht, ich hätte zum Einsatz von Studiengebühren gezwungen. Wahr ist, dass ich als Präsidentin gesetzlich verpflichtet bin, dass Studiengebühren für bessere Betreuung eingesetzt werden. Und dahinter stand ich auch.

Abendblatt:

Wie weit waren Sie?

Auweter-Kurtz:

Bis zum Frühjahr dieses Jahres dachte ich: Wir sind weiter, als ich mir je hätte träumen lassen. Als ich 2006 nach Hamburg kam, schien sich noch niemand für die Uni zu interessieren. Nach der ersten Runde der Exzellenzinitiative standen wir mit leeren Händen da, und ich dachte, nun würde ich gesteinigt. Doch kaum jemanden störte das. Dann wurde die Wissenschaftsstiftung gegründet, wie ich beim Bürgermeister gefordert hatte. Für das Board of Mentors etwa konnte ich einflussreiche Hamburger gewinnen, etwa Henning Voscherau.

Abendblatt:

CDU-Wissenschaftssenatorin Gundelach legte Pläne für einen Umzug an die Elbe vor. Sie waren sofort dafür.

Auweter-Kurtz:

Ja, die Stadt schien aufzuwachen, traute der Universität mehr zu. Mal unabhängig vom Standort, die Behörde legte ein Papier vor, auf dem von Investitionen zwischen 1,5 und 2,1 Milliarden Euro die Rede ist. Natürlich war ich dafür! Bis zu meinem Amtsende war ich überzeugt, dass noch 2009 eine Entscheidung fällt, die dann auch umgesetzt wird. Und jetzt? Vor Mitte 2010 wird es kein Ergebnis geben. Ob in dieser Legislaturperiode noch Mittel in dieser Höhe fließen, das bezweifele ich.

Abendblatt:

Es scheint, Sie hätten gut mit der Senatorin zusammengearbeitet, bis diese öffentlich ihre Vertragsauflösung anbot. Wurden Sie fallen gelassen?

Auweter-Kurtz:

Dieses Gefühl hatte ich sehr stark. Gerade weil ich immer noch der Ansicht bin, dass ich mich sehr für die Senatsziele eingesetzt habe. Als Frau Gundelach ihr Angebot an einen kurzfristigen Rücktritt knüpfte, habe ich das nicht verstanden. Denn ich fühlte mich einer sachlichen Auseinandersetzungen gewachsen. Nach wie vor bin ich überzeugt, dass die Mehrheit der Uni hinter mir stand, auch der AStA. Viele haben mich gedrängt, ich solle bleiben. Als klar wurde, dass wir nicht zu einer sachlichen Diskussion zurückkehren, sich außerdem die Politiker Stapelfeldt und Beuß einmischten, war das Maß voll.

Abendblatt:

Haben Sie mit der Senatorin seitdem gesprochen?

Auweter-Kurtz:

Nein. Ich sehe keinen Grund dafür, gehe ihr aber auch nicht aus dem Weg.

Abendblatt:

Woraus schließen Sie auf Ihren Rückhalt an der Uni?

Auweter-Kurtz:

Ich habe nach meinem Rücktritt sehr viel Post von Unterstützern erhalten. Zudem wurde der Strukturentwicklungsplan, den wir gemeinsam entwickelt haben, einstimmig verabschiedet. Sehr enttäuschend war, dass einige Dekane ihre Kritikpunkte mir nicht vortrugen. Die Kommunikation war nicht immer ehrlich. Die Unterschriftenliste, die es gegen mich geben soll, hat auch nie jemand gesehen. Auch Hochschulrat, Senat und Presse haben das nicht eingefordert. Die Kritiker waren eben lauter als meine Befürworter. Vielleicht wäre es besser, wenn das Präsidium direkt mit den 15 Fachbereichsleitern zusammenarbeitet. Zumal es mit vorhandenen Mitteln schwerfällt, angesehene Wissenschaftler für das Dekansamt zu gewinnen. Die sollten auch über den Tellerrand von Hamburg hinausgeschaut haben.

Abendblatt:

Haben Sie Fehler gemacht?

Auweter-Kurtz:

In meiner Zielsetzung, nein. In Personalentscheidungen, ja.

Abendblatt:

Wie geht es weiter?

Auweter-Kurtz:

Ich habe vermisst, zu lehren und zu forschen. Das werde ich wieder aufnehmen.