Die Stimmung war festlich im ehrwürdigen Kaisersaal des Rathauses: Das breit angelegte Aktionsbündnis für Bildung und Beschäftigung aus Senat, Kammern und Verbänden wollte endlich konkrete Vorschläge zur Steigerung der Ausbildungsplatz-Kapazitäten im Doppel-Abi-Jahrgang 2010 präsentieren.

Doch dann goss einer aus der Runde Wasser in den schönen Wein. "Ich habe Zweifel, dass die Probleme mit diesem Programm zu lösen sind", sagte der neue DGB-Vorsitzende Uwe Grund. Während die Handelskammer davon ausgeht, dass im nächsten Jahr rund 1300 zusätzliche Bewerber wegen des Doppel-Abi-Jahrgangs einen Ausbildungsplatz suchen, hält Grund einen noch größeren Ansturm für möglich. "Ich meine, dass die Kammer ein bisschen knapp gerechnet hat. Die Zahl kann durchaus um 30, 40 Prozent höher liegen", so der DGB-Chef.

Ein Grund: Wegen des ebenfalls knappen Studienplatz-Angebots könnten sich etliche Abiturienten für die duale Ausbildung statt für ein Studium entscheiden. Mindestens 5200, nach anderen Berechnungen 6000 junge Menschen werden 2010 zusätzlich Abitur machen. Grund forderte alle Akteure des Bündnisses auf, "noch einen Zahn zuzulegen". Er teile nicht die Hoffnung, "dass sich das verläppert". Grund: "Der Druck nimmt zu. Das Problem wird nicht kleiner, sondern eher größer."

Bürgermeister Ole von Beust kündigte an, dass das Aktionsbündnis "flexibel" reagieren werde. "Man kann angesichts der Haushaltslage nur nicht verlangen, dass wir jetzt schon Millionen ausgeben, wo noch nicht klar ist, wie groß der Ansturm wirklich sein wird", sagte der CDU-Politiker.

Die Handelskammer will im Rahmen des Aktionsbündnisses dafür werben, dass die Betriebe 1000 Ausbildungsplätze zusätzlich anbieten. "Viele Unternehmen haben schon angekündigt, ihre Kapazitäten aufzustocken", sagte Handelskammer-Vizepräses Karl-Joachim Dreyer. Die Handwerkskammer will für 130 zusätzliche Plätze sorgen.

Bürgermeister von Beust weiß um das spezielle Problem mit dem doppelten Abi-Jahrgang. "Es darf keinen Verdrängungswettbewerb bei den Ausbildungsplätzen zu Lasten der Real- und Hauptschüler geben", sagte der Bürgermeister. Der Senat fördert 500 außerbetriebliche Ausbildungsplätze bei Bildungsträgern. Das Angebot, das rund 14 Millionen Euro kostet, wendet sich gezielt an Schulabgänger mit einem schwachen Realschulabschluss. Noch einmal 100 Ausbildungsplätze werden im Bereich der ambulanten Altenpflege gefördert.

Der Senat schließt nicht aus, die Kapazitäten an Studienplätzen kurzfristig zu erweitern. "Es fällt aber auch niemandem ein Zacken aus der Krone, wenn er woanders studiert", sagte von Beust. Greifswald und Stralsund seien attraktive Studienorte mit freien Kapazitäten. "Nicht jeder Hamburger hat einen Anspruch darauf, in Hamburg zu studieren", sagte Schulsenatorin Christa Goetsch (GAL), die auf die Kooperation norddeutscher Hochschulen hinwies.