Für Christoph Ahlhaus war es eine ungemütliche Woche. Sie begann mit den Schanzen-Krawallen und klang unter dem Stichwort “Dienstwagenaffäre“ aus.

Hamburg. Es war mitten in der Nacht zu Sonntag, gegen 0.55 Uhr, als klar war, dass es eine ungemütliche Woche werden würde für Christoph Ahlhaus. Zu dem Zeitpunkt flogen Steine gegen die Polizeiwache an der Stresemannstraße, das zuvor so friedlich verlaufene Schanzenfest mündete mal wieder in Krawalle, und der Innensenator würde sich am Mittwoch in der Bürgerschaft erklären müssen - unabhängig davon, ob man das vergleichsweise defensive Polizeikonzept nun als Erfolg wertet oder nicht. Dass die Woche aber so stürmisch werden würde, ahnte der CDU-Politiker, der kurz nach Mitternacht noch die Einsatzkräfte der Polizei besucht hatte, zu diesem Zeitpunkt wohl noch nicht.

Doch schon am Dienstag kam es noch dicker für Ahlhaus. Da sollte der Senat eigentlich eine steuerliche Entlastung der Spielbanken beschließen, für die die Innenbehörde seit Kurzem zuständig ist. Die Sache schien durch, doch in letzter Minute meldeten CDU und GAL Bedenken an. Die Fraktionen seien nicht informiert worden, außerdem passe angesichts der neuen Milliardenschulden die freiwillige Reduzierung der Steuereinnahmen nicht in die Zeit, kritisierte CDU-Finanzexperte Rüdiger Kruse. Ergebnis: Der Senat strich den Tagesordnungspunkt, und am Donnerstag teilte die Innenbehörde kleinlaut mit: "Die geplante Absenkung der Spielbankabgabe wird nicht weiterverfolgt." Nach einem Gespräch zwischen Ahlhaus und den Koalitionsfraktionen wolle man jetzt nur noch die Anrechnung der Umsatzsteuer gesetzlich regeln. Eine Schlappe für den Innensenator, auch wenn seine Behörde betont, der Senator habe persönlich gar nichts mit dem Vorstoß zu tun. Dass er erst Ende August zu einer "politischen Soiree" im Casino Esplanade war, sei Zufall. Na gut.

Inzwischen hatte Ahlhaus ohnehin ganz andere Probleme. Noch während der Sitzung der Bürgerschaft am Mittwoch machte das Wort "Dienstwagenaffäre" im Rathaus die Runde. Die Frage, ob es rechtens war, dass der Innensenator sich und seine Frau zwei Tage rein privat im Dienstwagen durch Paris chauffieren ließ (siehe auch Seite 13), ist zwar noch unbeantwortet. Klar ist aber: Die SPD, deren Kleine Anfrage an den Senat die pikanten Details ans Licht gebracht hatte, hat ein wunderbares Wahlkampfthema. "Rache für Ulla", frohlockt mancher Sozialdemokrat in Anlehnung an die Dienstwagenaffäre der SPD-Gesundheitsministerin Ulla Schmidt.

Auch in der Innenbehörde soll sich das Mitleid mit dem Chef in Grenzen halten. Ahlhaus hat dort keinen leichten Stand, was vor allem an seinem beliebten Vorgänger Udo Nagel liegt - und der Art, wie dieser abgelöst wurde. Obwohl der gelernte Polizist und kauzige Pfeifenraucher, der sich als Parteiloser bis ins Amt des Polizeipräsidenten hochgedient hatte, in der Behörde und vor allem bei der Polizei geradezu verehrt wurde, musste er nach der Wahl 2008 gehen. Weil Bürgermeister Ole von Beust nicht den gleichen Fehler wie vier Jahre zuvor machen wollte, als er bei der Senatsbesetzung seine Hamburger Parteifreunde ignoriert und sich damit einigen Unmut zugezogen hatte, wurde der frühere CDU-Landesgeschäftsführer Ahlhaus vom Innen-Staatsrat zum Senator befördert. Ein Berufspolitiker folgt einem parteilosen Polizisten - das weckt am Schill-geprüften Johanniswall bis heute Argwohn, und so war es wohl kein Zufall, dass Details der Ahlhaus-Fahrt die Behörde verlassen hatten, bevor die Senatsantwort vorlag.

Angesichts der Ereignisse um Ahlhaus geriet eine parlamentarische Kuriosität zur Nebensache. Deutlich nach Sonnenuntergang wurde in der Bürgerschaft ein Antrag der Linkspartei abgestimmt, die die Ergebnisse ihrer Großen Anfrage zum Thema Einzelhandel im Wirtschaftsausschuss diskutieren wollte. Als CDU und GAL das routinemäßig ablehnten, platzte dem Linke-Abgeordneten Norbert Hackbusch der Kragen. Bitterlich beschwerte er sich über das "Ritual", Anträge abzulehnen, nur weil sie von seiner Partei kommen. Man könne darüber doch wenigstens diskutieren. Der Appell saß. CDU-Fraktionschef Frank Schira beriet sich kurz mit seinem GAL-Pendant Jens Kerstan, und schließlich wurde die Anfrage der Linken auf Antrag der CDU (!) doch in den Ausschuss überwiesen.

Hackbusch, der der Bürgerschaft mit einer Unterbrechung immerhin seit 1993 angehört, war baff. "Ich glaube, das gab's noch nie. Aber so eine Art Politik gefällt mir."