SPD-Politiker Tschentscher wirft dem Senat vor, eine Notfallklausel zur Stabilisierung der Wirtschaft zu nutzen, um mehr Kredite aufzunehmen.

Hamburg. Nach Ansicht des SPD-Finanzexperten Peter Tschentscher könnte die Schuldenpolitik des Senats (6 Milliarden Euro bis 2013) gegen Gesetze verstoßen. "Schwarz-Grün verschafft sich eine Wahlkampfkasse und missbraucht die Haushaltsordnung", sagte er dem Abendblatt.

Konkret geht es um eine Notfallklausel, auf die sich Hamburgs Regierung beruft. "Zur Abwehr einer Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts" ist es formell gestattet, mehr neue Schulden zu machen, als insgesamt in die Stadt investiert wird. SPD-Politiker Tschentscher wirft dem Senat vor, diese Regelung nicht nur zur Stabilisierung der Wirtschaft zu nutzen, sondern um Rücklagen zu schonen - und somit mehr Kredite aufnehmen zu können, als erlaubt ist. Damit, so seine Kritik, könnten GAL und CDU auf Steuerzahlerkosten zu den Bürgerschaftswahlen 2012 eine "vorteilhafte Schuldenentwicklung" präsentieren.

GAL-Fraktionschef Jens Kerstan hatte gesagt, man setze derzeit Rücklagen nicht ein, um "finanzpolitischen Spielraum" zu wahren. Heißt: Wenn die - unbestrittenen - Auswirkungen der Krise ab dem Jahr 2011 nachlassen, gilt die Notstandsklausel nicht mehr, daher nutzt der Senat jetzt die Chance, möglichst hohe Kredite aufzunehmen.

Als "dreist" bezeichnet Tschentscher die Aussage des GAL-Fraktionschefs und erinnert: Der Rechnungshof hat bereits im März vergangenen Jahres - also vor dem Zusammenbruch der Finanzmärkte - ein "ähnliches Manöver" kritisiert: Damals ging es ebenfalls um eine unverhältnismäßig hohe Kreditaufnahme, die nach Worten des Rechnungshofs rund 500 Millionen unnötige Neuverschuldung nach sich gezogen habe. Damals rügte der Rechnungshof den Senat mit den Worten: "Unabhängig von den gesetzlichen Regelungen bestehen gegen diese Praxis erhebliche Bedenken."

SPD-Finanzpolitiker Tschentscher legt eine eigene Rechnung vor: "Werden jetzt Rücklagen genutzt und nur so viele Kredite aufgenommen, wie tatsächlich Steuern krisenbedingt wegfallen - Hamburg blieben 600 Millionen Euro Schulden und 100 Millionen Euro Zinsen erspart."