Professor Albrecht Wagner, Vorsitzender des Hochschulrats der Uni, antwortet auf die Gastbeiträge von Thomas Straubhaar und Michael Göring.

Hamburg. "Man sollte der Universität Zeit geben, die Früchte zu ernten und nicht schon wieder mit dem Pflügen beginnen", forderte gestern an dieser Stelle Professor Albrecht Wagner, Vorsitzender des Hochschulrats der Universität Hamburg. Er antwortete damit auf die Gastbeiträge von Thomas Straubhaar und Michael Göring, die im Abendblatt für eine neue Struktur der Uni plädiert hatten. Lesen Sie heute eine weitere Replik darauf.

Personen, denen das Amt entzogen wird, sind gestraft genug. Es wäre schlechter Stil, ihnen Nachteiliges hinterherzurufen. Aber man wird sagen dürfen, dass die hinterlassenen Probleme gewaltig sind. Sie verlangen rasches Handeln, damit aus der Führungskrise im Präsidium keine Vertrauenskrise zwischen Stadt und Hochschule wird. Ohne Maulkorb und nach offener Debatte in ihren Organen muss die Universität wieder mit einer Stimme sprechen. Wenn das in anderen großen Universitäten Deutschlands gelingt, ist nicht einzusehen, warum das nicht auch in Hamburg möglich sein sollte.

Wer spricht, wird nur überzeugen, wenn er auch handelt. Das kann die Universität nach dem Gesetz und nach ihrem Selbstverständnis nur, wenn sie ein arbeitsfähiges Präsidium hat. Deshalb kann man sich nur wundern, dass ihr im Augenblick größter Gefährdung der Rat gegeben wird, sie möge sich Zeit mit der Besetzung ihres höchsten Amtes lassen. Das Gegenteil ist richtig: Die vakante Position muss alsbald wieder besetzt werden, damit die Universität entschlossen ihren eigenen Beitrag zur Lösung der Probleme leisten kann.

Zu diesen Problemen gehören die Umsetzung des Struktur- und Entwicklungsplanes, die Behebung der Unterfinanzierung, der Kampf gegen den Verfall der Bausubstanz und die unter größtem Zeitdruck stehende Beteiligung an der zweiten Runde im Exzellenzwettbewerb. Auch die Maßnahmen zur Verbesserung der Lehre, gezielte Initiativen zur Forschungsförderung sowie ernst zu nehmende Vorschläge zur Lösung des Raumproblems gehören dazu. Hier muss die Universität beweisen, dass sie handlungsfähig ist. Sie hat auch in der Bewältigung ihrer administrativen Aufgaben deutlich zu machen, dass sie besser ist als ihr Ruf. Ihre in den Rankings anerkannte wissenschaftliche Leistungsfähigkeit verbietet es ohnehin, sie zum bloßen Objekt einer aus der Ferne stammenden Planung zu machen.

Wenn angesehene Persönlichkeiten der Stadt sich öffentlich um das Wohl der Universität Gedanken machen, ist das für sich schon ein gutes Zeichen. Ein neu gewähltes Präsidium sollte sie als Gesprächspartner gewinnen. Dann können sie mit Blick auf die konkreten Fragen darlegen, wie man "Elite"-Förderung betreibt, ohne die "Masse" zu vergessen, wie sich Forschungszentren ohne die Universität ausgründen lassen oder warum eine Hafenstadt wie Hamburg sich vor "Riesentankern" fürchten soll, die sich in München, Frankfurt oder in Berlin als ziemlich wendig erweisen. Man hätte auch gern eine Antwort darauf, was die jetzt erneut in die Diskussion gebrachten schools verbinden soll, wenn die Universität sie nicht zusammenhält. Harvard lehrt, dass sich nur eine starke Universität in eigenständige Einheiten gliedern kann. Es war ein schwerer Fehler zu glauben, die Probleme der Universität ließen sich durch Outsourcing lösen. Die 2002 eilig von außen herangezogenen Experten haben sich noch nicht einmal die Zeit genommen, ihre Vorschläge mit der Universität zu beraten. Nach ihrem mutigen Schritt, sich von der Präsidentin zu trennen, hat die Senatorin die Chance, zu einer konstruktiven Zusammenarbeit zurückzufinden. Dazu braucht sie ein Präsidium, das in der Universität verankert ist. Und wenn dies aus eigenständigen Köpfen besteht, wird es auch in der Lage sein, die fälligen Innovationen zusammen mit den nötigen Reformen anzugehen. Etwas mehr Vertrauen in die Wissenschaft täte Hamburg gut.

Professor Volker Gerhardt lehrt am Institut für Philosophie der Humboldt-Universität Berlin.