“Urlaub in der Heimat“ klingt melodiös als Antwort auf das Stakkato “Finanzkrise! Finanzkrise! Finanzkrise!“. Marktforscher fanden heraus, dass Deutschland unter den Bundesbürgern bei den Traumzielen überraschend auf Platz drei liegt, hinter den USA und Australien.

Die besten Pommes hat Horst gemacht. In einer Bretterbude zwischen Heckenrosen und Mückenschwärmen frittierte er die Dinger dunkelbraun, dazu gab es "Bremsklötze", berüchtigte Frikadellen. Horsts Heimat, die Hohwachter Bucht an der Ostsee, wurde nun durch den Film "Dorfpunks" bekannt, der von Jugendgeschichten des Entertainers Rocko Schamoni handelt. Deshalb wurde dort ein Ableger des Pudelclubs (St. Pauli) eröffnet, wo man sich ebenfalls um gute Fritten bemüht. Wer dort speist, erkennt, dass Sommerfrische im Unterhemd mit Räucheraal im Fahrradkorb wieder schick ist.

Die Zweite Bürgermeisterin radelt durchs Wendland

Was das alles mit dem Chef der CDU-Fraktion zu tun hat? "Überhaupt nichts", sagt der. Aber auch Frank Schira wird diesmal einige Tage in der Hohwachter Bucht verbringen, als Ablenkung von der heimischen Gartenarbeit, die ihm ebenfalls Entspannung bereite. Klingt genügsam. Aber wo ist der CDU-Drahtzieher sonst jahrelang hingefahren? "Italien." Seit ihm vor Jahren ein Nordsee-Urlaub gründlich verregnete habe er sich geschworen, in die Sonne zu fahren. Soso. Nun bereist Schira also wieder das eigene Land.

"Urlaub in der Heimat" klingt melodiös als Antwort auf das Stakkato "Finanzkrise! Finanzkrise! Finanzkrise!" Marktforscher von TNS Infratest fanden heraus, dass Deutschland unter den Bundesbürgern bei den Traumzielen überraschend auf Platz drei liegt, hinter den USA und Australien. Hamburgs Spitzenpolitiker liegen im Trend. Die Zweite Bürgermeisterin Christa Goetsch (GAL), nach der Delegationsreise nach Dar es Salaam gerade so dem Malariagebiet Tansanias entkommen, wird sich in den Wäldern des Wendlandes beim Fahrradfahren erholen. Die Ökobilanz ist vorbildlich - ganz zu schweigen vom Statement, nahe der einstigen "Republik Freies Wendland" in die Pedale zu treten, wo sich Gegner des dortigen Atom-Endlagers Gorleben in den 80er-Jahren niederließen. Wirtschaftssenator Axel Gedaschko (CDU) fährt ebenfalls an die Ostsee.

In diesem Sinne Dorfpunk aus Überzeugung bleibt auch Bürgermeister Ole von Beust (CDU). Wie gewohnt wird er auf Sylt seine Nase in den Wind stecken, "immer wieder unterbrochen" von Terminen daheim. Ob das Beruhigung oder Drohung ist, bleibt abzuwarten. Zunächst aber überlassen die Regierungsparteien ab kommender Woche einer Parteilosen die Leitung der Senatssitzungen, nämlich Kultursenatorin Karin von Welck. Schließlich gilt bei Abwesenheit der Regierungsspitze das Anciennitätsprinzip, das bedeutet: Der oder die dienstälteste Senator/in folgt nach. Finanzsenator Michael Freytag (CDU), einst als Bürgermeister-Nachfolger gehandelt, hätte das sicher gerne übernommen. Da die Kultursenatorin und Freytag jedoch zeitgleich, im Jahr 2004 antraten, sticht das Lebensalter. Der Finanzsenator erholt sich übrigens auf einer Insel - nicht im Steuerparadies Cayman Islands, sondern, Überraschung, auf Amrum in der Nordsee.

Auch wenn dort mal nicht die Sonne scheint, wird zumindest das politische Klima für den Finanzpolitiker nicht abkühlen. Die Millionen-Bonuszahlungen an den HSH-Nordbankchef waren ein Paukenschlag zu Beginn der Sommerpause. Vielleicht bleibt die Opposition deshalb in Stellung. Die SPD-Finanzexperten Peter Tschentscher und Thomas Völsch haben sich "so koordiniert, dass sich einer immer um die Bank kümmern kann", hieß es. Was praktisch ist, weil so theoretisch einer von beiden schlafen kann, während der andere Bilanzen studiert. Finanzexperte Joachim Bischoff (Die Linke) will sich bei einem Seminar über die Finanzkrise "entspannen", und Fraktionschefin Dora Heyenn bleibt daheim, um sechs Wochen lang einen Töpferkurs zu geben. Bundesarbeitsminister Olaf Scholz (Wahlkreis Altona) will mit Blick auf den anstehenden Wahlkampf lieber gar nichts planen. "Ich mache vier oder fünf Tage Kurzurlaub mit meiner Frau. Das entscheiden wir spontan."

Malle - das ist doch Ökosünde pur und ganz alte CDU

Bei dieser ökologisch-protestantischen Grundhaltung ist man beinahe froh, dass noch Ausnahmen den Trend bestätigen. Rebellisch muten die emissionskritischen Pläne des Law-and-Order-Innensenators Christoph Ahlhaus (CDU) an, nach Mallorca zu fliegen. Malle, das ist doch Ökosünde pur und irgendwie ganz alte CDU.

Auch der FDP-Bundestagsabgeordnete Burkhard Müller-Sönksen besucht den "Ortsverband der FDP Mallorca", dessen Existenz wohl erst auf diesem Wege bekannt wurde. Zwischendurch wird der umtriebige Liberale zum Überflieger: Der frisch beförderte Korvettenkapitän begleitet einen Flug im Seefernaufklärer "Typ P3-C Orion" an der somalischen Küste, zwecks Piratenjagd. Das ist ein Ungetüm mit vier Kerosin fressenden Propellern. Grund genug, anschließend noch einige Tage auf Sylt und der Hamburger Insel Neuwerk zu verbringen. Stichwort abermals: Ökobilanz.

Horst, der immer so schöne Pommes gemacht hat, dürfte solche Sorgen aber nicht haben. Seine Frittier-Bude hat er längst dichtgemacht. Im Ruhestand fährt er gelegentlich mit seinem Boot zum Angeln aufs Meer hinaus. Man hört, er sei ganz zufrieden.