Große Mehrheit stimmt für Wolfgang Abel. Gewerkschafter kritisieren die Zustimmung der Vizevorsitzenden zum Sparkurs des SPD-Senats.

Hamburg. Eine mitreißende Antrittsrede, ein großer Blumenstrauß und Händeschütteln: So hatte sich der neue Hamburger Ver.di-Chef Wolfgang Abel den Tag seiner Wahl auf der Landesbezirkskonferenz am Freitag im Bürgerhaus Wilhelmsburg vorgestellt. Doch es kam anders. Statt Glückwünsche entgegenzunehmen, sollte es die erste Amtshandlung des neuen Landesbezirksleiters sein, einen tiefen gewerkschaftsinternen Streit zu schlichten.

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Knapp drei Stunden lang wurde auf der Sitzung, die eigentlich nur für die Wahl anberaumt war, zum Teil aggressiv über das Verhalten von Gewerkschaftern in politischen Ämtern diskutiert. Der Grund: Ver.di-Vizevorsitzende Angelika Detsch hatte als Mitglied der Deputation der Sozialbehörde den Sparmaßnahmen des SPD-Senats zugestimmt. Damit hatte sie sich gegen die grundlegende Haltung der Gewerkschaft gestellt, die sich auch an diesem Nachmittag wieder deutlich und mit Nachdruck gegen die "Rotstiftpolitik" des Senats ausgesprochen hatte. Ein Grund mehr für den neuen Ver.di-Chef, der mit 56 von 76 Stimmen und drei Enthaltungen gewählt wurde, in seiner Antrittsrede klar Stellung zu beziehen: "Ich bin ein Gewerkschafter in einer Partei", sagte Abel, Mitglied der SPD. "Und für mich steht fest, dass ich nie ein politisches Amt anstreben werde." Er selbst könne nur eine Aufgabe vernünftig machen. "Es besteht die Gefahr, dass Gewerkschafter in der Politik instrumentalisiert werden können", sagte Abel. Aus aktuellem Anlass stellte er jedoch klar, dass man auch die Entscheidung, ein politisches und gewerkschaftliches Amt zu bekleiden, respektieren müsse.

Anders sahen das jedoch die Verfasser eines Initiativantrags, die das Verhalten Angelika Detschs als gewerkschaftsschädigend zutiefst verurteilten. Man ging nicht so weit, im Antrag einen Rücktritt Detschs zu fordern, "jedoch fordern wir sie auf, notwendige Konsequenzen aus ihrem Verhalten zu ziehen, um weiterhin Schaden für die Gesamtorganisation abzuwenden", erklärte Doris Heinemann-Brooks, eine der Antragsstellerinnen, auf dem Podium. Gerieben hatten sich die Kritiker weniger an der Tatsache, dass Detsch die Sparpläne in der Sozialbehörde unterstützt hatte - mehr an den Aussagen der Vizevorsitzenden nach der Abstimmung gegenüber den Medien. Mit dem Satz "Nicht überall, wo das Ver.di-Lable draufsteht, ist Gesamt-Ver.di drin" rechtfertigte sie ihr Verhalten. Für diese Äußerung hatte Detsch jedoch bereits vor der Wahl Abels vor der Versammlung in Wilhelmsburg um Entschuldigung gebeten.

Andere Gewerkschaftsmitglieder nahmen dies zum Anlass, die massive öffentliche Kritik an Detsch anzuprangern. "Das ist doch unter aller Sau, wie hier mit Mitgliedern umgegangen wird", klagte eine. Ein anderer sagte: "Ich könnte kotzen" und: "Das ist ja wie bei einer Hexenverfolgung." Mit dem Vorstoß, spätestens im Herbst Konsequenzen aus diesem Konflikt zu ziehen, versuchte Wolfgang Abel, die Wogen zu glätten. Ziel sei es, eine Linie zu finden, wie mit Bündnispolitik und politischer Positionierung umzugehen sei. "Wichtig ist, dass wir uns hier nicht zerfleischen, denn genau das schwächt uns", sagte Abel.

Ein zweiter Initiativantrag, mit dem noch einmal die Kritik an den Kürzungen des Senats am Sozialhaushalt unterstrichen wurde, trug zur Einigkeit der Gewerkschafter bei. "Unsere Antwort auf die Krise heißt nicht Kürzen und Kaputtsparen", sagte der neu gewählte Ver.di-Chef, "unsere Antwort heißt: Erhöht die Einnahmen und sorgt endlich für ein gerechtes Steuersystem."